Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Merkel soll zu Abzug aus Afghanistan befragt werden
Am Ende soll Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag aussagen: „Ihre Befragung im Afghanistan-Untersuchungsausschuss wird ein vorweihnachtlicher Höhepunkt und gleichzeitig Abschluss der Zeugenvernehmung sein“, sagt SPD-Obmann Jörg Nürnberger mit Blick auf den möglichen Termin in der letzten Sitzungswoche im Dezember. In Merkels Regierungszeit fiel der unrühmliche Abschluss des Afghanistan-Einsatzes nach 20 Jahren: 2021 nahmen die Taliban das Land am Hindukusch im Handstreich ein. Eine Evakuierungsoperation wurde nötig, um Beschäftigte von Botschaften, der Entwicklungshilfe und andere Ausländer aus dem Land zu bringen. Afghanische Ortskräfte wurden trotz gegenteiliger Zusicherungen vielfach zurückgelassen. „Oberste Frage ist: Sind bei dem Abzug Fehler im politischen Bereich gemacht worden? Das gilt es aufzuklären“, sagt Nürnberger.
Nach 68 Sitzungsrunden mit stundenlangen Befragungen nähert sich die Aufarbeitung dem Endspurt. Im Laufe dieses Donnerstags soll nach Angaben des SPD-Politikers der
Fahrplan in nicht-öffentlicher Sitzung abgestimmt werden. Gehört werden voraussichtlich alle damals politisch Verantwortlichen: Neben Merkel waren das auch Verteidigungsministerin Annegret KrampKarrenbauer (CDU), Innenminister Horst Seehofer (CSU), Außenminister Heiko Maas (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU).
In der Enquete-Kommission zu den Lehren aus Afghanistan wirkt als Sachverständige Ellinor Zeino mit, die das Regionalprogramm Südwestasien der Konrad-Adenauer-Stiftung leitet. Im Gespräch mit unserer Redaktion ist ihr Fazit: „Wir haben in allen Bereichen deutlich versagt: Afghanistan war bis zuletzt eines der unsichersten Länder weltweit. Wir haben über 20 Jahre eine Hilfswirtschaft und einen abhängigen Staat geschaffen, der im Kriegszustand festgehalten wurde.“
Mitte Februar wurde der 335-seitige Zwischenbericht der Kommission vorgelegt. Darin wurde als „Ursünde“des Einsatzes die Entscheidung bezeichnet, die Taliban militärisch zu bekämpfen, statt sie einzubinden. In dem 2025 geplanten Endbericht der Enquete-Kommission sollen Empfehlungen für künftige Einsätze stehen.
„Sind bei dem Abzug Fehler im politischen Bereich gemacht worden?“Jörg Nürnberger SPD-Obmann, zur Zeugenbefragung