Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Ein Duo mit Zukunft
Gegen den Hamburger SV und beim VfL Osnabrück haben Jamil Siebert und Tim Oberdorf in Fortunas Abwehrzentrum erstklassige Arbeit geleistet. Möglicherweise sind die beiden Innenverteidiger eine Lösung mit großer Perspektive.
Die Gegensätze könnten kaum größer sein, das gibt Fortuna-Trainer Daniel Thioune gerne zu. Im Angriff tobt momentan der Konkurrenzkampf zwischen Vincent Vermeij, Christoph Daferner und Marlon Mustapha – jeder aus diesem Trio hat seit Rückrundenbeginn mindestens einmal in der Startelf des Zweitligisten gestanden. „Da kann ich wenig falsch machen, egal, wen ich aufstelle“, sagt der Coach, um direkt im Anschluss die Kehrseite der Medaille zu skizzieren: „Und hinten spielt im Moment der, der gerade gesund ist.“
Dieses entscheidende Kriterium haben zuletzt zumindest im Abwehrzentrum nur Tim Oberdorf und Jamil Siebert erfüllt – vom Status einer Notbesetzung ist jenes Duo aber mindestens so weit entfernt wie die Erde von der Sonne. In verletzungsbedingter Abwesenheit der allesamt an einem Muskelfaserriss in der Wade laborierenden Joshua Quarshie, Jordy de Wijs und Andre Hoffmann, auch wenn zumindest der Kapitän beim 4:0 in Osnabrück schon wieder im Kader stand, gelang Oberdorf und Siebert sowohl gegen den Hamburger SV (2:0) als auch beim Tabellenschlusslicht aus Niedersachsen eine nahezu fehlerfreie Leistung.
Ein solch beeindruckendes Arbeitsergebnis hätte Thioune selbst nicht für möglich gehalten. „Es überrascht schon, dass sie in den vergangenen beiden Spielen so stabil waren“, betont er. „Sie tragen als Innenverteidiger die Hauptverantwortung dafür, dass wir so wenig zugelassen haben. Erik Engelhardt abzumelden, ist trotz des Tabellenplatzes des VfL Osnabrück eine Herausforderung. Und Robert Glatzel ist normalerweise überragend in dieser Liga, ihn hatten sie auch im Griff.“
Überhaupt nicht überraschend kommt für ihn hingegen die hervorragende Abstimmung des Innenverteidiger-Duos, das in dieser Konstellation vorher lange keine gemeinsame Partie mehr absolviert hat. „Dass die beiden miteinander harmonieren, überrascht mich nicht. Wir arbeiten jetzt auch schon ein bisschen länger zusammen, und die Jungs trainieren miteinander“, erläutert Thioune. „Es ist ja nicht so, dass im Spiel alles Zufall ist. Sie sind schon aufeinander abgestimmt.“
Hinzu kommt, dass sich Oberdorf und Siebert prima ergänzen. Während Ersterer ein cleverer und nicht sonderlich fehleranfälliger Leadertyp ist, trumpft Zweiterer als schneller, bulliger und resoluter Zweikampf- und Kopfballspieler auf. „Tim ist einfach jemand, der führen kann, was Jamil hilft“, sagt der Coach, „und er hat die AndreHoffmann-Rolle übernommen, indem er die Kette nicht nur führt, sondern auch insgesamt eine Führungsrolle einnimmt.“
Da drängt sich doch glatt eine Frage auf: Besteht die Fortuna-Innenverteidigung
der – näheren wie ferneren – Zukunft aus exakt jenen beiden Akteuren? Hoffmann kann zwar auf viel Erfahrung zurückgreifen, hat aber seit jeher mit regelmäßigen Verletzungen zu kämpfen. Und Hoffenheim-Leihgabe Quarshie dürfte unter normalen Umständen nach seiner Genesung zunächst
die Reservistenrolle erhalten. Nur de Wijs ist es in der Hinrunde gelungen, sich nach einer schwachen Saison wieder in eine sehr gute Form zu bringen – darüber hinaus hat der Niederländer den großen Vorteil seiner Linksfüßigkeit.
Selbstverständlich ist nicht ausgeschlossen, dass auch Siebert und Oberdorf im Laufe der Restsaison eventuelle Formschwankungen ereilen. Und ein Grund ihrer stabilen Auftritte gegen den HSV und in Osnabrück war sicherlich auch die insgesamt etwas defensivere Herangehensweise. „Die Jungs vor ihnen machen vernünftig mit, die Sechser räumen viel weg“, sagt Trainer Thioune. „Es hat unserem Spiel auch gutgetan, Ao Tanaka mit dem Ball in die Sechser-Position zurückzuholen und gegen den Ball mit ihm und Yannik Engelhardt eine DoppelSechs zu spielen.“
Dennoch hat sich vor allem jener Engelhardt mit Siebert und Oberdorf im Rücken zuletzt ausgesprochen wohlgefühlt. „Sie haben es wieder richtig gut gemacht, haben alle Luftduelle und zweiten Bälle gewonnen“, hat der Mittelfeldmotor nach dem Sieg in Osnabrück gesagt. „Es ist wichtig, dass du Innenverteidiger hast, die alles abräumen, wenn du etwas tiefer stehst. Das haben sie gut gemacht.“Die Zufriedenheit ist groß mit Siebert und Oberdorf, die nach der vollständigen Rekonvaleszenz von Hoffmann, de Wijs und Quarshie vor einem ähnlichen Konkurrenzkampf wie im Angriff sicherlich nicht zurückschrecken werden.