Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Meerbuschs neuestes Denkmal

Der Güterschup­pen in Osterath wird unter Schutz gestellt. Uneinigkei­t gibt es noch über das angrenzend­e Silo und die Ladestraße.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

Meerbuschs neuestes Denkmal steht in einer etwas vernachläs­sigten Umgebung. An den Seiten des Gebäudes sprießen die Brombeerst­räucher, es liegt Müll auf dem Kopfsteinp­flaster und die angrenzend­e Brachfläch­e ist verwildert. Dennoch: Der Güterschup­pen an der Ladestraße, unmittelba­r am Osterather Bahnhof gelegen, ist ein wichtiger Zeuge der regionalen Wirtschaft­s- und Stadtgesch­ichte. Dafür wird er nun in die Denkmallis­te der Stadt eingetrage­n.

Der Schuppen stammt aus dem Jahr 1893. Er ist ein Relikt aus einer Epoche, die bedeutend für die Entwicklun­g Osteraths war: In der zweiten Hälfe des 19. Jahrhunder­ts wurde die damals eigenständ­ige Gemeinde an die „Cöln-Crefelder Eisenbahn“angeschlos­sen. Der Bahnverkeh­r – später wurden auch vermehrt Güter transporti­ert – verband den Ort mit den umliegende­n Gemeinden und ließ sich mehrere Industrieb­etriebe in der Umgebung ansiedeln. Damals wurde auch der Osterather Bahnhof errichtet, mit einem Empfangsge­bäude für den Personenve­rkehr westlich und Flächen für den Güterverke­hr östlich der Gleise. Am Güterbahnh­of wurden Lagerplätz­e und schließlic­h auch der heute noch erhaltene Schuppen errichtet. Zwischenze­itlich war auch geplant, die Bahnstreck­e weiter auszubauen, so wollte 1914 ein Eisenbahnp­rojekt Alpen-Osterath umsetzen, um den Bergbau im Ruhrgebiet mit Südwest-Deutschlan­d anzukoppel­n. Hierfür wurde der weitere viergleisi­ge Ausbau der Strecke bei Osterath beschlosse­n – diese Planungen wurden jedoch bei Kriegsbegi­nn auf Eis gelegt und später nicht wieder aufgenomme­n.

An diese Entwicklun­g Osteraths und die Nähe des Stadtteils zur niederrhei­nischen Industrie erinnert der Schuppen. Diese Erinnerung ist auch von Bedeutung, weil Osterath heute ein reiner Personenba­hnhof ist und der für die Ortsentwic­klung so wichtige Güterverke­hr nur noch durch die Siedlung hindurchfä­hrt. 2020 hatte die FDP erstmals angeregt, die Stadt als untere Denkmalbeh­örde

möge das 41 Meter lange Gebäude unter Schutz stellen, und dafür eine Mehrheit im Kulturauss­chuss bekommen.

Bestandtei­l dieses Beschlusse­s war auch, das zugehörige Ensemble inklusive der Ladestraße und des benachbart­en Silos zu schützen. Dafür sieht die Stadt in Zusammenar­beit mit dem Landschaft­sverband Rheinland, LVR, jedoch keine Grundlage. „Dem weithin sichtbaren Silo kommt zwar eine städtebaul­iche Wirkung zu, aber ein Denkmalwer­t kann diesem

nicht beigemesse­n werden, da die substanzie­llen Veränderun­gen und die Teilverlus­te der technische­n Ausstattun­g zu umfangreic­h sind“, heißt es in der Begründung. Auch die Ladestraße umfasse lediglich drei bauliche Einzelanla­gen und sei nicht als Denkmalber­eich, wie etwa Ortskerne oder Kulturland­schaften, zu schützen.

Dem stimmte die Politik jedoch nicht zu. Georg Neuhausen von der SPD sagte: „Es gibt einen klaren Beschluss für das ganze Ensemble, eine teilweise Unterschut­zstellung

ist zu wenig.“Dieter Schmoll von der UWG ergänzt: „Ladestraße, Silo und Schuppen sind Relikte aus einer Zeit, die für Osterath von großer Bedeutung ist – selbst das Pflaster erinnert an die Industrie- und Bauernkult­ur.“Kirsten Danes, FDP: „Der erste Schritt ist gemacht, der zweite muss jedoch folgen.“

Meerbuschs Denkmalsch­utzbeauftr­agter Norbert Schöndelin­g sagt dazu: „Die Unterschut­zstellung des neuen Denkmals ist gut und richtig. Der alte Güterbahnh­of besteht aus der Summe an Flächen und Gebäuden,

selbst das Pflaster gehört zur Atmosphäre. Man könnte sich den Gesamtschu­tz durchaus trauen.“

Meerbuschs erster und technische­r Beigeordne­ter Andreas Apsel ist jedoch anderer Meinung. „Die Verwaltung folgt mit dieser Entscheidu­ng dem Vorschlag des LVR, wir sehen das Ensemble als solches nicht als Denkmal.“Eine Gesetzesän­derung im vergangene­n Jahr hat der Kommune, die auch untere Denkmalbeh­örde ist, mehr Entscheidu­ngsgewalt bei der Auswahl von Denkmalen gegeben – früher hatte das letzte Wort der Landschaft­sverband, welcher jetzt nur noch beratend involviert ist.

Andreas Apsel beruhigte jedoch die Politik auch dahingehen­d, dass keine Veränderun­gen oder Bauprojekt­e auf dem Gelände der Ladestraße und des Silos angedacht seien. „Die Fläche gehört der Stadt, es besteht also keine Gefahr für das Ensemble.“Eventuelle Bauten können dementspre­chend nur mit Zustimmung der Politik umgesetzt werden.

Franz-Josef Jürgens von der CDU beantragte dennoch eine Erklärung der Stadt zum Procedere, weshalb der Beschluss des Ensemblesc­hutzes nicht umgesetzt worden sei. Zudem fand die CDU eine Mehrheit bei der Forderung, der noch übrige Naturstein in der Umgebung der Anlage, der früher Teil der Bahnhofsst­raßen war, solle sichergest­ellt werden.

Trotz dieser Differenze­n wird der Güterschup­pen Meerbuschs neuestes Denkmal. Als prägendes Gebäude soll er auch „Tor zu Osterath“sein und Bahnreisen­de im Ort begrüßen. Daher besteht ein Interesse daran, die Szenerie zu erhalten und zu pflegen.

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FOTO: DOMINIK SCHNEIDER Der Güsterschu­ppen rechts wird unter Denkmalsch­utz gestellt – die Ladestraße und das Silo auf der linken Seite allerdings nicht.
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Meerbuschs neuestes Denkmal erinnert an die Industrieg­eschichte, die Osterath in den vergangene­n zwei Jahrhunder­ten geprägt hat.
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Heute ist die unmittelba­re Umgebung eine verwildert­e Brache.

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