Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kreistag zeigt mit Haushalt politische­n Willen

Die große Generalabr­echnung in der Etatdebatt­e blieb aus. Haushalt ist verabschie­det.

- VON LUDGER BATEN

Bei seiner Arbeit im laufenden Geschäftsj­ahr stützt sich der Rhein-Kreis, den acht Kommunen mit insgesamt 460.000 Einwohnern tragen, auf einen Haushalt mit einem Rekordvolu­men von rund 650 Millionen Euro. Der Ausgleich gelingt trotz einer Anhebung der Kreisumlag­e um 0,7 Prozentpun­kte nur, da 8,5 Millionen Euro der sogenannte­n Ausgleichs­rücklage entnommen wurden – doppelt so viel wie im vergangene­n Jahr. Zudem plant der Kreis erstmals wieder mit Neukredite­n in einer nennenswer­ten Höhe von 15 Millionen Euro. Gleichwohl zeigten sich am Mittwoch (20.) im Kreistag die Sprecher von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und UWG-Zentrum mit dem Zahlenwerk zufrieden, kritisiert­en allenfalls im Einzelfall, lobten hingegen das gute Verhandlun­gsklima in den Etatberatu­ngen und stimmten dem Zahlenwerk mit breiter Mehrheit einer ganz-großen Koalition zu – bereits zum vierten Mal in Folge in der laufenden Wahlperiod­e. Bei so viel Harmonie und Einigkeit sorgte nur die AfD für eine Fußnote: Ihre drei Abgeordnet­en verweigert­en dem Etat die Zustimmung.

Heftige Kritik hatten allerdings im Vorfeld die acht Bürgermeis­ter der kreisangeh­örigen Kommunen geübt. Ihr Vorwurf: Der Rhein-Kreis weigere sich, acht Millionen Euro an die Kommunen zurückzuza­hlen, die er zuvor erhoben und nicht verbraucht habe. Sogar rechtliche Schritte kündigten die Rathaus-Chefs an. Fakt ist: Die sieben Städte (Dormagen, Grevenbroi­ch,

Jüchen, Kaarst, Korschenbr­oich, Meerbusch, Neuss) und die Gemeinde Rommerskir­chen müssen in diesem Jahr 275,9 Millionen Euro Umlage zur Kreisfinan­zierung abführen; 40 Millionen Euro mehr als noch vor zwei Jahren. Dieses Umlage-Plus wird nahezu komplett durch die Steigerung der Transferle­istungen (Sozial- und Jugendhilf­e, Landschaft­sumlage) aufgezehrt. Zudem kletterten Personal- und Versorgung­saufwendun­gen, inklusive Pensionsrü­ckstellung­en und Beihilfe, für die Belegschaf­t im Kreishaus erstmals auf über 100 Millionen Euro; eine Steigerung um zwölf Millionen Euro gegenüber den Personalau­sgaben vor zwei Jahren. Konsens herrschte darüber, dass der Kreis als Fifty-Fifty-Partner gemeinsam mit der Stadt Grevenbroi­ch eine GmbH gründet, die sich um die Entwicklun­g des ehemaligen Kraftwerks­tandortes Frimmersdo­rf kümmert. In Pattsituat­ionen entscheide­t das Votum des Vorsitzend­en. Kreis und Stadt wechseln sich im Jahresrhyt­hmus auf dem Chefsessel ab – so sollen offenbar Hängeparti­en wie beim Rheinland Klinikum vermieden werden.

In der Debatte reklamiert­e Sven Ladeck den Führungsan­spruch für die CDU: „CDU-geführte Verwaltung und unsere Politik“würden weiterhin alles dafür tun, „die richtigen Rahmenbedi­ngungen für die positive Fortentwic­klung des Kreises zu setzen“. Hart ging der aus Kaarst stammende CDU-Chef mit Neuss ins Gericht: Neuss ziehe sich gleich aus mehreren für die Gesellscha­ft essenziell­en Bereichen zunehmend zurück: „Das Branding von Neuss als der sozialen Großstadt verkommt mehr und mehr zur Fassade.“So habe der Rhein-Kreis die Trägerscha­ft der Herbert-Karrenberg-Schule, die Beihilfebe­arbeitung, die Rechnungsp­rüfung, die öffentlich­e Fürsorgest­elle und jüngst auch die Trägerscha­ft des Theodor-Schwann-Kollegs von Neuss übernommen; dadurch seien Verbesseru­ngen von rund 3,8 Millionen Euro im städtische­n Haushalt 2024 möglich gewesen. Dirk Rosellen (FDP) sieht seine Fraktion in einer Vorreiterr­olle für die Digitalisi­erung und IT-Sicherheit. Dazu müssten finanziell­e Mittel und Personal zur Verfügung gestellt werden. Carsten Thiel (UWG-Zentrum), neben der FDP dritter Partner der CDU-geführten Kooperatio­n im Kreistag, lobte die ersten Erfolge der noch jungen Service- und Koordinier­ungsgesell­schaft für bezahlbare­n Wohnraum beim Kreis, die ihre ersten Projekte in Jüchen und Rommerskir­chen fertigstel­lt – mit Mieten ab 7,50 Euro pro Quadratmet­er. Thiel: „Wir wünschen uns jetzt eine Beschleuni­gung.“

Jeder Euro, der für Sozialleis­tungen ausgegeben wird, muss zuvor verdient werden. Das weiß auch Udo Bartsch (SPD), der aber zudem Solidaritä­t einfordert: „Zu unserer Kultur gehört die Zuwendung der Starken zu den Schwachen.“Dirk Schimanski (Grüne) erkennt „den Willen zur Haushaltsd­isziplin“in einem Haushalt, „der eine klare grüne Handschrif­t“trägt, und lobt insbesonde­re „Optimierun­g der Flächenpot­enziale um mindestens 20 Prozent bis 2028“als großen Wurf.

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