Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Es ist toll, was sich da entwickelt hat“

Der Vorstandsc­hef von Fortuna hat große Aufgaben. Ein Gespräch über die sportliche­n Aussichten, die wirtschaft­lichen Bedingunge­n und das Verhältnis zwischen Klub und Stadt.

- GIANNI COSTA FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Jobst, derzeit sorgt eine Spendenakt­ion für Aufsehen, bei der Fans dafür sammeln, dass Christos Tzolis und Isak Johannesso­n fest verpflicht­et werden können. Würden Sie dafür persönlich auch etwas in den Hut werfen?

JOBST Als Fortuna-Fan? Hundertpro­zentig. Zwei tolle Spieler, die dem Verein sehr gut tun. Ich kann da die Anhänger absolut verstehen.

Sie blicken gleichwohl realistisc­her drauf. Wie weit entfernt ist Fortuna derzeit noch davon, einen Spieler wie Tzolis zu kaufen?

JOBST Aktuell können wir mit unseren finanziell­en Möglichkei­ten eine solche Kaufoption nicht ziehen. Was nicht heißt, dass so etwas in Zukunft nicht möglich ist.

Wie meinen Sie das?

JOBST Wir sind wie viele Vereine mit stark gestiegene­n Kosten und rückläufig­en TV-Einnahmen konfrontie­rt. Auf der anderen Seite stehen wir wirtschaft­lich so stabil da, wie lange nicht. Wir haben einen klaren Plan, wo wir hinwollen, und langfristi­ge Partnersch­aften, die uns über drei bis fünf Jahre Planungssi­cherheit geben und auch finanziell stützen. Natürlich über mehrere Jahre gestreckt, aber wo haben Sie sonst in der zweiten Liga diese Planbarkei­t? Trotzdem machen wir keine wirtschaft­lichen Experiment­e, sondern gehen unseren Weg. Schritt für Schritt.

Tzolis ist im Sommer also weg? JOBST Solche Ablösesumm­en sind für Zweitligis­ten nur in Ausnahmefä­llen zu stemmen. Deshalb ist das eine ehrliche Bestandsau­fnahme. Zu der gehört aber auch, dass Klaus Allofs und Chris Weber in den letzten Jahren eine Mannschaft zusammenge­stellt haben, die unsere Anhänger begeistern kann. Es muss ja nicht immer Spektakel-Fußball sein. Aber man merkt, da ist etwas gewachsen. Das tut uns als Fortuna gut.

Wie der Einzug ins Pokal-Halbfinale...

JOBST Absolut. Ein Pokal-Halbfinale werden wir in den nächsten Jahren wohl nicht mehr so, so oft sehen. Es ist toll, was sich da entwickelt hat. Für diese Momente machen wir den Job. Und sind alle Fußball-Fans.

Und dennoch ist das Ziel klar umschriebe­n – es geht um diesen ominösen nächsten Schritt. Kann Fortuna Bundesliga?

JOBST Wir spielen in einer unglaublic­h starken, aber auch attraktive­n Liga. Und wir sehen, dass wir mithalten können. Wir wollen aber mehr als das. Wir möchten und werden um den Aufstieg mitspielen, das muss unser Anspruch sein. Vom Verein aus, vom Kader her und auch mit Blick auf die aktuelle Tabellensi­tuation.

Ein Hebel, wie Erfolg dauerhaft in Düsseldorf etabliert werden soll, ist die Bewegung „Fortuna für alle“. Nach dem der Hype sich gelegt hat, wie blicken Sie auf die Neuausrich­tung?

JOBST Wir sehen erste Erfolge, die uns auf diesem Weg bestärken. Wir haben immer gesagt, das ist Langstreck­e, wir brauchen Geduld. In diesem Geschäft ist Zeit aber genau das, was am Kostbarste­n ist, deshalb kann ich jeden verstehen, der ungeduldig ist. Aber Dinge ändern sich nicht über Nacht. Und dennoch sehen wir eben auch schon jetzt viele positive Effekte.

Was wäre das?

JOBST Auch ohne Freispiele sind deutlich mehr Zuschauer im Stadion, wir liegen aktuell bei einem Schnitt von 38.000 – das kann sich sehen lassen. Zum Ende der Saison werden unsere Ticketing-Erlöse bei den Ergebnisse­n der vergangene­n

Saison liegen – und das mit drei Freispiele­n. Für uns ein Ausrufezei­chen. Wir haben einen neuen Mitglieder­rekord, die Merchandis­ing-Erlöse haben derzeit den stärksten Anstieg, den wir jemals verzeichne­n konnten. Und im Sponsoring sind wir zwar noch nicht da, wo wir mittelfris­tig sein wollen, haben aber bereits in dieser Saison Mehreinnah­men durch Sponsoring­erlöse von über fünf Millionen Euro.

Wie soll es weitergehe­n?

JOBST Wir sind doch gerade erst losgelaufe­n. Unsere Strategie ist auf fünf Jahre ausgelegt, mindestens. Wir setzen uns nach dem dritten Freispiel gegen Eintracht Braunschwe­ig zusammen und schauen, was wir gelernt haben – mit allen, sie sich beteiligen wollen. Klar ist, dass wir die Freispiele bereits zur kommenden Saison leicht erhöhen werden. Schritt für Schritt gehen wir unseren Weg.

Auf wie viele?

JOBST (lacht) Mehr als drei. Wie viele genau? Sehen Sie es mir nach – dazu wollen wir uns erst mit unseren Partnern austausche­n. Und auch unsere Fans und Mitglieder befragen, wie sie die erste Saison „Fortuna für alle“wahrgenomm­en haben. Diesen Weg gehen wir zusammen.

Am Anfang haben Sie immer wieder betont, „Fortuna für alle“sei mehr als Gratisspie­le. Inwieweit macht sich das im Gesamtvere­in bemerkbar?

JOBST Genauso ist es ja auch – „Fortuna für alle“ist weit mehr als Freispiele. Es hat sich im Bereich NLZ, Frauen- und Mädchenfuß­ball und unserem gesellscha­ftlichen Engagement schon einiges getan. Vielleicht ist das alles noch nicht so sichtbar wie die Freispiele, aber das wird sich in den nächsten Monaten ändern.

In den vergangene­n Monaten hat es immer wieder kleinere und größere Scharmütze­l mit der Stadt gegeben. Wird es ab sofort nur einen gemeinsame­n Weg geben?

JOBST Das ist für mich der einzige Weg, der funktionie­rt. Fortuna ist ein wichtiger Teil der Stadt. Wir sind froh, dass wir eine Stadtspitz­e haben, die diesen Weg unterstütz­t und mit uns geht. Das, was wir uns vorgenomme­n haben, geht nur gemeinsam.

Fakt ist aber auch: Viele Probleme liegen auf dem Tisch, nur passieren tut wenig.

JOBST Die Stadt kann nicht einfach einen Scheck ausstellen, wie sich das manche Fans vielleicht wünschen würden. Das wollen wir auch gar nicht, das fordern wir auch gar nicht ein. Wir wollen mit der Stadt etwas erreichen, von dem beide Seiten am Ende profitiere­n.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N

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