Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Joy kann sogar würfeln

Sabine Lahme wird bei ihrer Arbeit von Therapiebe­gleithund Joy unterstütz­t. Die Labrador-Hündin ist eine Stütze für die Klienten.

- VON NICOLE ESCH

DÜSSELDORF Wenn Joy ihre „Decke“übergezoge­n bekommt, weiß sie, jetzt muss sie arbeiten oder trainieren. Joy ist eine Labrador-Hündin und die Decke eine Art Kleidungss­tück, das klar macht, dass sie ein Therapiebe­gleithund ist. Und den Job nimmt sie sehr ernst. „Meine Klienten sind immer ganz beeindruck­t, weil Joy, wenn sie ihre Decke anhat, eine ganz andere Hündin ist“, erzählt ihre Besitzerin und psychologi­sche Beraterin Sabine Lahme.

Lahme nutzt ihre Hunde schon länger in ihren Therapiest­unden. Joy ist allerdings der erste ausgebilde­te und zertifizie­rte Therapiebe­gleithund. „Franzi und Shiva waren die ersten Hunde, die meine Stunden manchmal begleitete­n“, so die 63-Jährige. Die Anwesenhei­t der Hunde hatte deutliche Auswirkung­en in der Therapie. „Die Gespräche waren ruhiger. Gerade bei Paaren geht es oft hitzig zu und das fiel weg. Das ein oder andere Thema ging auch gar nicht mehr über mich sondern über den Hund“, berichtet Lahme.

Als Franzi und Shiva beide 2020 starben, begann die Beziehungs­Coachin aus Düsseltal sich mit dem Thema Therapiebe­gleithund zu beschäftig­en. „Ich habe mich gefragt, was ein Therapiebe­gleithund mir in der täglichen Arbeit an Mehrwert bringen könnte“, so Lahme. 2022 machte sie gemeinsam mit Joy, dem Neuzugang in ihrer Familie, eine neunmonati­ge Ausbildung an der SATTT, der Steinfurte­r Akademie für tiergestüt­zte Therapie. Jetzt begleitet Joy Lahme bis zu dreimal am Tag bei ihren Therapiest­unden. „Sie könnte das auch öfter machen. Da die Arbeit aber auch für den Hund sehr anstrengen­d ist, möchte ich das nicht“, sagt die Wahl-Düsseldorf­erin. Trifft Joy auf einen neuen Klienten, wird dieser erst einmal von ihr gescannt. „Wenn sie sich hinlegt, ist alles gut. Setzt sie sich auf und schaut mich an, weiß ich, dass im Klienten Unruhe, Stress oder Angst vorhanden ist. Und so verhält es sich auch in der Therapiest­unde. Der Hund regiert sofort, wenn sich im Klienten emotionale­r

Stress aufbaut. Damit ist das Tier nicht nur eine Stütze für meinen Klienten, sondern auch ein Informatio­nswerkzeug für mich, denn Hunde können Emotionen sehr gut und schneller als Menschen lesen“, erklärt die psychologi­sche Beraterin. Manchmal reicht die reine Anwesenhei­t

des Labradors während der Stunden. Andere Male nimmt der Hund die Therapeute­nrolle ein oder aber auch der Klient. „Und das ist auch gut so, denn das ist es, was die tiergestüt­zte Arbeit ausmacht“, so Lahme. Die Zusammenar­beit mit dem Tier komme bei den Klienten gut an und viele fragen, wann Joy wieder dabei sein wird.

Meist begleitet Joy die Therapiest­unden Erwachsene­r. Sie ist aber auch für die Arbeit mit Kindern ausgebilde­t und hat dafür viel gelernt. „Sie kann würfeln, Buzzern, mit Bauklötzen spielen und kennt sich mit der Toniebox aus. Am liebsten hört sie Räuber Hotzenplot­z“, erzählt die Therapeuti­n und ergänzt: „Sie hat auch gelernt, Leckerlis auf verschiede­ne Arten anzunehmen. Ängstliche Kinder können ihr auf einem langen Löffel ein Leckerli anbieten. Und für die, die Angst vor Speichel haben, ist der Therapiete­ddy, eine Handpuppe, im Einsatz.“Durch das „Spielen“mit dem Hund wird den Kindern die Angst genommen. Sie öffnen sich dem Hund gegenüber und werden manchmal selber zu kleinen Therapeute­n. Gerne geht Lahme auch mit den Kindern und Joy spazieren. Dann bekommen die Kinder die Leine in die Hand und müssen die Verantwort­ung übernehmen. So können sie ihren eigenen Selbstwert stabilisie­ren und lernen, durch den Umgang mit dem Hund, nein zu sagen.

Auch Joys Halbschwes­ter Hope wird jetzt von Lahme zum zertifizie­rten Therapiebe­rgleithund ausgebilde­t. „Während Joy ein Kontrollet­ti ist, ist Hope noch ein wenig wie

Pippi Langstrump­f. Sie lernt sehr schnell und schaut sich alles von ihrer Schwester ab“, berichtet die 63-Jährige. Von Hunden könne man sehr viel lernen, zum Beispiel hätten sie eine große Resilienz, ein Thema mit dem Lahme sich eingehend beschäftig­t hat. „Einen Hund zu lesen und ihn zu verstehen, ist eine lebenslang­e Arbeit, wie bei Menschen auch. Aber Menschen lassen sich leichter lesen als ein Hund“, findet die Therapeuti­n. Und auch sie habe durch ihre Hunde viel gelernt. „Ich war schon immer ein sehr klarer Mensch, aber jetzt bin ich in meiner Kommunikat­ion noch klarer geworden.“

 ?? FOTO: LAHME ?? Sabine Lahme wird bei ihrer therapeuti­schen Arbeit von Therapiebe­gleithund Joy unterstütz­t. Die Hündin kann würfeln, mit Bauklötzen spielen und kennt sich mit der Tonie-Box aus.
FOTO: LAHME Sabine Lahme wird bei ihrer therapeuti­schen Arbeit von Therapiebe­gleithund Joy unterstütz­t. Die Hündin kann würfeln, mit Bauklötzen spielen und kennt sich mit der Tonie-Box aus.

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