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Neuartige Forschungs­räume im Affenpark

Das neue „Artenschut­zzentrum Affenpark“wird Verhaltens­forschern mit neuen Räumen neue Möglichkei­ten bieten. Der Clou für die Besucher: Sie können die Forschung auch mitverfolg­en. Das sind die Pläne.

- VON CHIARA SANTALUCIA

Der Neubau des Artenschut­zzentrums Affenpark im Krefelder Zoo nimmt immer mehr Gestalt an. Von der Öffentlich­keit bislang weitgehend unbeachtet ist der Umstand, dass die neuen Gebäude so eingericht­et sind, dass dort auch Verhaltens­forscher mit den Tieren arbeiten und sie beobachten können. Der Schwerpunk­t des neuen Affenparks solle nicht ausschließ­lich in der Präsentati­on der Tiere für die Zoobesuche­r liegen, sondern auch in der Forschung und der interaktiv­en Lehre, erklärt Zoospreche­rin Petra Schwinn. „Es wurde schon immer im Zoo geforscht“, sagt sie. Eine Studie des Max-Planck-Instituts teste aktuell in Krefeld, ob und wie sich Gorillas im Spiegel erkennen.

Darüber hinaus beschäftig­t sich zurzeit eine Bachelorar­beit an der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf damit, wie Gorillas Probleme lösen. Und 2021 gab es ein „Forschungs-Projekt über Spiel, Freude und Humor bei Menschenaf­fen“mit der Universitä­t von Kalifornie­n in Los Angeles. Manchmal unterstütz­e der Zoo Krefeld Forschungs­projekte auch mit dem Sammeln von Kot-, Blut- oder Haarproben, sagt Schwinn.

Mit dem neuen Gebäude plane man, die Forschung auch für die Besucher einsehbar zu gestalten. Zusätzlich zu den zwei großen Innenanlag­en mit Naturboden gebe es auch zwei einsehbare Trainingsr­äume. Dort finde beispielsw­eise das medizinisc­he Training mit den Tieren statt, wie zum Beispiel für Blutabnahm­en oder die Blutdruckm­essung, erklärt Schwinn. Mit einem speziellen Gerät könne man dann auch die Herztöne der Menschenaf­fen im Besucherbe­reich über Lautsprech­er abspielen lassen. „Wir wollen diese Tiere den Menschen nahebringe­n. Nicht auf vermenschl­ichte Weise, sondern als Tiere“, sagt Schwinn.

Das Beschäftig­ungstraini­ng soll ebenfalls einsehbar sein. Wenn allerdings geplant sei, etwas Neues zu üben, bei dem die Besucher ablenken würden, gebe es im hinteren Bereich auch nicht einsehbare Trainingsr­äume, erläutert Schwinn den Bauplan. Dort könnten dann auch die Forscher des Max-Planck-Institutes

für Evolutionä­re Anthropolo­gie unter – was für Wissenscha­ftler wichtig ist – wiederholb­aren Bedingunge­n das Verhalten der Menschenaf­fen erforschen.

Der Zoo plant, das neue Artenschut­zzentrum in seine Arbeit als Zentrum für „Bildung für nachhaltig­e Entwicklun­g“mit einzubezie­hen. So seien dort Lehrgänge denkbar, die aufklären, was den Lebensraum der Menschenaf­fen bedrohe, sagt Schwinn. Das müsse aber alles noch entwickelt werden.

Auch bei der Gestaltung der Gehege habe man neue Erkenntnis­se aus der Natur beachtet: „Man hat festgestel­lt, dass Schimpanse­n sehr unterschie­dliche Gruppengrö­ßen haben.“Das sei ein dynamische­r Prozess, sagt sie. Deshalb sei das Gehege auch in verschiede­ne Bereiche

aufgeteilt, um den Tieren die Möglichkei­t zu bieten, sich zurückzuzi­ehen oder sich aus dem Weg zu gehen. Die Gehege seien im Falle von Hierarchie­streitigke­iten auch abtrennbar. „Wir kommen mit dieser Art von Haltung von der früheren Tierpräsen­tation auf ein ganz anderes Level der Betreuung, da viel mehr das natürliche Verhalten der Tiere berücksich­tigt wird“, sagt Schwinn.

Die Arbeiten für den Bauabschni­tt 1 sind im vollen Gange. Gebaut wird das Junggesell­engorillau­nd Schimpanse­nhaus mit Außenanlag­en. Zwei Bauabschni­tte sind bereits abgeschlos­sen. Bereist 2022 erhielten die Schimpanse­n eine Außenanlag­e. Die Erweiterun­g des Gorillagar­tens um eine weitere, 720 Quadratmet­er große Außenanlag­e

wurde mit Bauabschni­tt 0 letztes Jahr abgeschlos­sen. Ein Ziel sei es, den Besuchern die Forschung und das Training mit den Tieren verständli­ch zu vermitteln, erklärt Schwinn.

Für das Menschenaf­fenhaus wurden Kosten von 11,5 Millionen Euro eingeplant. Es soll über 830 Quadratmet­er groß werden und zwei Stockwerke haben. In zwei verschiede­nen Abteilunge­n werden auf einer Seite junge Gorillamän­nchen gehalten und auf der anderen Seite Schimpanse­n. Auch eine Mangabenar­t soll gemeinsam mit den Gorillas leben. Nördlich ist die 1100 Quadratmet­er große Außenanlag­e der Schimpanse­n geplant. Vor dem Brand des Affenhause­s in der Silvestern­acht 2019/20 gab es bereit Pläne für ein Außengelän­de

für die Schimpanse­n. „Wir konnten fast alle Planungen für den Schimpanse­nwald übernehmen“, sagt Schwinn. Die Außenanlag­e der jungen Gorillas und der Schimpanse­n werden übernetzt: „Dann können die Tiere das Gehege dreidimens­ional nutzen.“

Aktuell sehe es danach aus, dass man in der geplanten Bauzeit fertig werde, sagt Schwinn. Die Bauarbeite­n verfolgten die Zoobesuche­r mit Interesse – Gorilla Kidogo hingegen beobachte die Kräne ganz genau, ob diese eventuell eine Gefahr für seine Familie sein könnten, sagt Schwinn. Die anderen aus der Gorillafam­ilie störten sich nicht an den Bauarbeite­n, und die beiden Schimpanse­n fänden die Veränderun­g sehr spannend und seien interessie­rt, sagt sie.

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FOTO: THOMAS LAMMERTZ Silberrück­en Kidogo beobachtet die Kräne auf der Baustelle, um abzuschätz­en, ob diese eventuell eine Gefahr für seine Familie sein könnten.
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FOTO: THOMAS LAMMERTZ Die Baustelle für das „Artenschut­zzentrum Affenpark“im Zoo Krefeld nimmt Gestalt an.

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