Kaninchen im Gemüseregal ausgesetzt
Glückliches Ende: Der Geschäftsführer eines Leichlinger Supermarkts hat das Tier bei sich zu Hause aufgenommen.
LEICHLINGEN Cassian Wiedenhoff war gerade auf dem Weg in den Leichlinger Edeka-Markt, als sein Telefon klingelte und ihm eine Kollegin die für ihn zunächst unglaublich klingende Nachricht überbrachte: Er solle schnell kommen, denn in der Gemüseabteilung sei ein Kaninchen ausgesetzt worden. Nahe Möhren, Kohl und Salat habe sie neben einer Kartoffelkiste einen verschnürten braunen Pappkarton entdeckt, der sich leicht bewegt habe und deshalb ihre Aufmerksamkeit erregte, berichtet der Geschäftsführer des Supermarkts. Die Mitarbeiterin schaute nach und entdeckte darin ein Kaninchen. „Wer auch immer es ausgesetzt hat, er hat Futter im Karton hinterlassen, wollte dem Tier also offensichtlich nichts Böses“, sagt Wiedenhoff.
Trotzdem bleibt diese Tat für den 27-Jährigen völlig unverständlich: „Ein Kaninchen in einem Supermarkt auszusetzen – auf die Idee muss man erstmal kommen –, das wäre für mich einer der undenkbarsten Orte dafür“, sagt Wiedenhoff, der selbst mit vielen Tieren groß geworden ist. „Wahrscheinlich konnte sich der Besitzer nicht mehr kümmern und wollte, dass es gefunden wird“, mutmaßt er.
Die Auswertung der Überwachungsvideos ergab, dass ein älterer Mann mit einem Einkaufswagen mit mehreren Kartons durch die Obst- und Gemüseabteilung gefahren ist – darunter auch mit der braunen Pappkiste, die er dann zurückgelassen hat. Unklar ist, ob die ältere Frau, die auf dem Video in seiner Nähe zu sehen ist, zu ihm gehört, sagt Wiedenhoff. Die Aufnahmen übergab er der Polizei. Aufzeichnungen einer Außenkamera zeigen zudem, dass der Mann in ein Auto stieg und wegfuhr. Doch es waren nur Teile des Kennzeichens erkennbar. Die Ermittlungen wurden laut einer Sprecherin eingestellt.
Zurück blieben Cassian Wiedenhoff und das Kaninchen. Die Tiernothilfe, die er alarmiert hatte, habe ihm in dem Fall nicht helfen wollen. „Das Tier war ja gesund und wohlgenährt, und es war keine Gefahr im Verzug, es musste in dem Sinn nicht gerettet werden“, erklärt er. Doch wohin nun mit dem Tier? „Ich wollte nicht, dass es noch länger in der Kiste im Supermarkt bleiben muss“, sagt der Burscheider. „Also habe ich es ,erstmal’ zu mir nach Hause gebracht.“Dort lebt es nun seit bald drei Monaten – und fühlt sich im neuen Heim offenbar sehr wohl.
Der Fall war erst jetzt bekannt geworden, als die Polizei für den Rheinisch-Bergischen Kreis in der aktuellen Ausgabe ihres Mitarbeiter-Magazins „pin“über den skurrilen Fall berichtete. Eine offizielle Mitteilung hatte es im September nach Angaben einer Sprecherin nicht gegeben.
Mit seinem neuen Schützling war Cassian Wiedenhoff beim Tierarzt, um ihn „durchchecken“zu lassen, wie er sagt. „Es war aber alles okay, das Tier war kerngesund, nicht verwahrlost und handzahm“, erzählt er. Bei der Gelegenheit erfuhr der gelernte Einzelhandelskaufmann auch, dass es ein Männchen ist – ein nicht kastriertes Männchen.
Weil Cassian Wiedenhoff und seine Freundin – „sie mag Kaninchen noch viel lieber als ich“– bereits zwei Häschen haben, war es für das Paar selbstverständlich, dass es sich weiter um das noch namenlose Fundtier kümmert, als klar war, dass sich der Besitzer wohl nicht mehr finden würde. „Er ist ja auch ein ganz Hübscher“, sagt der 27-Jährige und lacht. „Aber weil wir zwei Weibchen haben, wohnt er jetzt neben ihnen in einem eigenen Käfig.“Außer, seine Supermarkt-Mitarbeiter wollten auch Kaninchen halten. Dann gäbe es eine Ménage-à-trois.