Hände weg von illegalen Böllern
Experten mahnen, nur in Deutschland zugelassenes Feuerwerk zu kaufen. Bei illegalen Böllern drohen schwerste Verletzungen.
BERLIN (dpa) Verstümmelte Finger, Verbrennungen im Gesicht: Solche Horrorszenarien können schnell Realität werden, wenn illegale Böller oder Raketen mit zweifelhaftem Inhalt gezündet werden. Experten der Berliner Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) haben nun wieder an die Bürger appelliert, für Silvester ausschließlich in Deutschland zugelassenes Feuerwerk zu kaufen.
Denn bei illegalem Feuerwerk aus dem Ausland sei oft unklar, wie die Mischung gefährlicher Substanzen beim Zünden reagiere, erklärte BAM-Prüfleiterin Heidrun Fink. „Oft sind schwere Verletzungen oder auch die Abtrennung von Gliedmaßen die Folge.“Doch selbst Bilder von schwersten Verletzungen scheinen nicht abzuschrecken. Der Zoll beschlagnahmt immer mehr verbotene Böller und Raketen. Im Vorjahr wurden mehr als 151.000 große Feuerwerkskörper sowie 1,85 Tonnen kleinteiliges Feuerwerk – zum Beispiel einzelne Böller – sichergestellt, wie Zollsprecher Jürgen Wamser sagte. Und: „Für 2016 zeichnet sich eine deutlich steigende Tendenz ab.“
Allein an der brandenburgischpolnischen Grenze rechnen die Zöllner für 2016 mit einem Rekord beim Fund illegaler Pyrotechnik. Besonders erschreckend sei, dass immer mehr Laster dabei sind, die tonnenweise Sprengstoff an Bord haben. „Das sind echte Gefahrguttransporte ohne jede Sicherung“, sagte Zollsprecherin Astrid Pinz.
Einer der größten Funde gelang dem Zoll in Brandenburg Ende November an der Grenze zu Polen bei Forst. Ein Lastwagen wurde mit fünf Tonnen illegaler Pyrotechnik gestoppt. Dabei war das Fahrzeug weder speziell für solche Transporte gesichert, noch verfügte der Fahrer über eine Sicherheitslizenz. Schon 2015 hatte das Hauptzollamt Frankfurt (Oder) so viel illegale Pyrotechnik wie noch nie beschlagnahmt: 3,5 Tonnen.
Verbotenes Feuerwerk, das meist aus China stammt, kommt laut Experten in der Regel über Polen oder Tschechien nach Deutschland. Organisierte Kriminelle setzten in letzter Zeit vermehrt auf den Internethandel, erklärte Zollsprecher Andre Lenz. Über Kooperationen mit Postdienst- leistern seien die Fahnder auch an diesem Phänomen dran. Schwieriger sei es hingegen, kleinere Internet-Bestellungen im EU-Ausland zu unterbinden, sagte Lenz.
Auf Märkten wie im polnischen Slubice gibt es jede Menge billige Pyrotechnik. Der Frankfurter Zöllner Siegmund Poloczek erklärte, dort seien auch Profiböller der Klasse drei und vier zu haben, die in Deutschland nur für ausgebildete Pyrotechniker zugelassen sind. Mit „Rohrbomben“und Knaller-Batterien, die es auf 20 Kilogramm Gewicht bringen, könnten ganze Autos in die Luft gesprengt werden. Schwerste Verletzungen seien nicht auszuschließen, weil diese Böller normalerweise mit einem elektrischen Signal über eine Zündschnur aus einer sicheren Entfernung gezündet werden. Will jemand mit einem Feuerzeug so einen Profiböller zünden, explodiert er sofort.
Die Experten von BAM verweisen darauf, zugelassene Pyrotechnik sei auch an der Nummer der Prüfstelle zu erkennen. Die Bundesanstalt habe die europaweit gültige 0589. Daneben seien eine Registriernummer und das CE-Zeichen (für europäische Richtlinien) aufgedruckt. Auch eine deutsche Gebrauchsanweisung sollte dabei sein. Das Einschmuggeln von verbotenem Feuerwerk wird hart bestraft. So sind nach Sprengstoffrecht bis zu zu drei Jahre Haft möglich. Außerdem müssten Schmuggler für die fachgerechte Entsorgung aufkommen, sagte Wamser.
Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) rechnet 2016 mit 133 Millionen Euro Silvesterumsatz, so viel wie zum vergangenen Jahreswechsel. Etwa 75 Prozent der Feuerwerkskörper sind laut VPI importiert. Feuerwerksprodukte der Kategorie zwei (ab 18 Jahren) dürfen nur an den letzten drei Werktagen im Jahr verkauft werden – 2016 also vom 29. bis zum 31. Dezember.