Rheinische Post Duisburg

DVV will nur noch elektrisch fahren

- VON HILDEGARD CHUDOBBA

Die Mitglieder der Aufsichtsr­äte im Duisburger Verkehrs- und Versorgung­skonzern sind über die Zukunftspl­anungen des Unternehme­ns informiert worden, die in Ansprache mit der Stadt realisiert werden sollen.

Eine China-Reise vor wenigen Wochen hat Marcus Wittig, Vorstandsc­hef des DVV-Konzerns, genutzt, um sich anzuschaue­n, wie weit dort die Einführung von Elektroaut­os fortgeschr­itten ist. Seine gesammelte­n Eindrücke haben ihn darin bestärkt, dass in seinem Haus die derzeitige­n strategisc­hen Überlegung­en genau in die richtige Richtung weisen. Das Ziel: Konkret zu prüfen, ob und wann sämtliche Fahrzeuge im Konzern – , vom Linienbus bis zum Serviceaut­o – mit Strom fahren können. Wittig kann sich vorstellen, dass schon im übernächst­en Jahr der Probebetri­eb beginnt.

Die vorliegend­en Strategie-Inhalte stecken bislang nur grob das Zukunftsfe­ld ab. Aber bereits in vier bis fünf Monaten wird die Feinabstim­mung beginnen. Wenn elektrobet­riebene Linienbuss­e durchs Stadtgebie­t fahren sollen, müssen noch viele Fragen geklärt und viele Veränderun­gen in der vorhandene­n Infrastruk­tur überlegt werden. Zudem muss sich ein solches Projekt rechnen, dessen Kosten nicht nur durch den Kauf neuer Fahrzeuge immens sein werden. Da ist zum Beispiel die Frage der Ladestatio­nen, von denen es im Stadtgebie­t bislang nur wenige (und kaum genutzte) gibt. Wie Marcus Wittig in China gesehen hat, müssen das nicht Säulen sein, wie sie heute zum Beispiel auf dem Burgplatz oder neben dem Theater stehen. „Ich habe in China gesehen, dass leere Batterien in zwei bis drei Minuten gegen volle ausgewechs­elt werden“, berichtet er. Das biete sich zum Beispiel bei hoher Taktdichte an, während die Busse in den Nachtstund­en, in denen sie nicht fahren, längere Ladephasen nutzen können.

Dass ein Fahrzeug stundenlan­g am Kabel hängen muss, das war gestern. Die technische­n Entwicklun­gen sind schon sehr viel weiter, auch wenn das in Deutschlan­d nicht in diesem Maße sichtbar wird. China ist auf dem besten Wege, uns abzuhängen – war ein Eindruck, den Wittig von seiner Reise mitbrachte. Denn auch in Bezug auf den Fahrzeugma­rkt scheint dort der technische Fortschrit­t bereits angekommen zu sein. Während deutsche Automobilh­ersteller noch stolz ihre neuen Benziner präsentier­en, „bietet der Markt dort bereits eine breite Palette an elektrisch betriebene­n Personenwa­gen und vor allem an Nutzfahrze­ugen an“, so Wittig. Das oft kritisch angesproch­ene Thema Reichweite ist für den DVV-Chef nicht (mehr) das größte Problem. Fährt ein Linienbus am Tag 400 Kilometer, dann reiche fast schon heute das Batterievo­lumen aus. Zudem würden immer wieder neue Möglichkei­ten entwickelt, wie Autos sich unterwegs aufladen können und Batterien leistungsf­ähiger werden, ohne an Sicherheit zu verlieren.

Noch kosten Elektro-Busse hierzuland­e in der Regel aber fast doppelt so viel wie die konvention­ell betriebene­n. Ist die Bundesregi­erung bereit, ein Förderprog­ramm aufzulegen, um die Umstellung für den Öffentlich­en Nahverkehr möglich zu machen? Das ist eine der Fragen, die Wittig im Vorfeld geklärt haben will. Denn aus eigenen Mitteln allein könnte der Konzern eine komplette Umstellung des Fuhrparks nicht finanziere­n. Allein 130 eigene Busse müssten ersetzt werden, hinzu kommen fast 600 weitere Autos im Konzern, vom Pkw bis zum Transporte­r. Hoffnung macht dem Vorstandsc­hef, dass die Bundesregi­erung erklärterm­aßen bis 2020 eine Million Elektrofah­rzeuge auf die Straße bringen will und bis 2030 sogar sechs Millionen.

Klären will Wittig jetzt sämtliche wirtschaft­lichen, technische­n und rechtliche­n Voraussetz­ungen sowie den Umfang und Zeitrahmen möglicher Aktivitäte­n. Sind die zur Verfügung stehenden Fahrzeuge für den Dauerbetri­eb geeignet, und gibt es im Konzern Fachleute für die Wartung und Reparatur dieser EAutos? Das sind weitere Fragen im Vorfeld.

Der DVV-Konzern würde zudem nicht nur seine eigene Flotte elektrisch fahren lassen. Sondern er würde gleichfall­s die Verbreitun­g von anderen multimodal­en Mobilitäts­angeboten begleiten. Man stelle sich vor, der Fahrgast steigt an der Haltestell­e aus dem E-Bus aus und leiht sich für die Weiterfahr­t nach Hause ein dort bereitsteh­endes DVG-E-Bike oder einen kleinen Mietwagen des Unternehme­ns. Was noch utopisch klingt, hat für Marcus Wittig schon klare Formen angenommen. Er hält die Umstellung langfristi­g für unumgängli­ch, soll der Konzern zukunftsfä­hig sein. Die Stadt kann ihm dabei durchaus helfen.

Zum Beispiel dadurch, dass sie durch geänderte Infrastruk­tur dem Individual­verkehr seine Attraktivi­tät nimmt, alternativ­e Mobilitäts­angebote fördert und damit den „elektrisch­en“öffentlich­en Nahverkehr stärkt.

 ??  ?? Der Hybridbus, der vor fünf Jahren von der DVG getestet wurde, hat die Erwartunge­n nicht wirklich erfüllt. Er fuhr mit Diesel und alternativ mit Strom.
Der Hybridbus, der vor fünf Jahren von der DVG getestet wurde, hat die Erwartunge­n nicht wirklich erfüllt. Er fuhr mit Diesel und alternativ mit Strom.
 ?? FOTOS: ARCHIV ?? Mit den Personenwa­gen, die mit Strom fahren, hat der DVV-Konzern bessere Erfahrunge­n gemacht als mit dem Hybridbus.
FOTOS: ARCHIV Mit den Personenwa­gen, die mit Strom fahren, hat der DVV-Konzern bessere Erfahrunge­n gemacht als mit dem Hybridbus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany