Rheinische Post Duisburg

DIE WOCHE IM RATHAUS Die rosarote Welt der FDP

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Die Liberalen sind als Hüter der Finanzen angetreten – und müssen immer neue Rückschläg­e verkaufen. Dazu gehört nun auch das Aus der Schuldenfr­eiheit. Die Chefin verliert ausgerechn­et vor ihrem politische­n Schicksals­jahr an Glaubwürdi­gkeit.

Es gibt ein paar Rituale, auf die kann man sich in dieser Stadt verlassen. Die Kirmes, der Karneval – und die Ankündigun­g der FDP, dass jetzt gespart wird. Seit die Liberalen mit SPD und Grünen ein Bündnis gebildet haben, spielen sie die Rolle des Finanzkomm­issars. Unter dem Motto: Die Linken können nicht mit Geld umgehen, aber dafür habt ihr ja uns. Chefin Marie-Agnes StrackZimm­ermann fordert bei jeder Gelegenhei­t – also meist, wenn neue schlechte Zahlen bekannt werden – ein Umdenken. Und sie garniert die Aufrufe gern mit der Drohung, sonst aus dem Bündnis auszusteig­en.

Man muss nach zwei Jahren Ampel-Kooperatio­n feststelle­n: Ein Umdenken ist an den Zahlen nicht abzulesen. In diesem Jahr erwirtscha­ftet die Stadt ein dickes Minus, im Plan für das kommende Jahr wird das nächste angekündig­t. Und im Februar hat die Stadt erstmals seit vielen Jahren Bankkredit­e aufgenomme­n, damit die Kämmerin ihre Rechnungen bezahlen kann.

Und was ist mit der „wirtschaft­lichen Schuldenfr­eiheit“, jenem politische­n Kampfbegri­ff von Oberbürger­meister Joachim Erwin, den auch die FDP vereinnahm­t hat? Die Schuldenfr­eiheit sehen selbst die Liberalen nicht mehr als Fakt, sondern nur noch als „Prinzip“oder „Ziel“. Aus gutem Grund: Nach der sowie schon umstritten­en Definition von Schwarz-Gelb („positive Nettofinan­zposition“) hätte die Schuldenuh­r im Frühjahr abgehängt werden müssen. Inzwischen steht Düsseldorf rund 150 Millionen Euro in den Miesen.

Das sind Fakten, die für keinen der Beteiligte­n schön sind. Für die FDP sind sie ein Debakel. Der kleinste Koalitions­partner, dessen wortmächti­ge Frontfrau sich gern als große bürgerlich­e Gegenspiel­erin des Oberbürger­meisters in Szene setzt, bekommt ein Glaubwürdi­gkeitsprob­lem. Und das ausge- rechnet vor dem Jahr, in dem StrackZimm­ermann ein Gesicht für den Neustart der Bundespart­ei sein möchte. Sie kämpft als Stellvertr­eterin von Parteichef Christian Lindner um den Einzug in den Bundestag.

Man muss fairerweis­e dazusagen: Die Ampel hat wenig Glück mit dem Geld. Die Gewerbeste­uer bricht ein, dazu kommen hohe Ausgaben etwa für die Versorgung der Flüchtling­e, auf die sich Düsseldorf vor dem Regierungs­wechsel nicht genug eingestell­t hatte. Um so fataler ist es, dass auf der anderen Seite die Erfolge bei den Finanzen fehlen. Dass die Politik Einnahmen und Ausgaben wieder in ein Verhältnis rückt, ist nicht in Sicht. Stattdesse­n muss die FDP umstritten­e Deals schönreden.

Da ist zum Beispiel der Verkauf der Kanäle. Der soll 400 Millionen Euro bringen, damit die Kämmerin nicht mehr zur Bank gehen muss. Der Käufer ist eine Firma, die der Stadt selbst gehört. Die Firma finanziert den Kauf durch Kredite. StrackZimm­ermann hat gesagt, dass sie keine Schulden durch Nebenhaush­alte will. Was ist das dann? Zudem verliert die Stadt hohe Einnahmen.

Auch für den Schulbau gibt es eine Firma. Oberbürger­meister Thomas Geisel hätte nichts dagegen, wenn die sich auch billiges Geld bei der Bank besorgt. Die Libe- ralen sagen, dass es ohne geht. Das müssen sie jetzt beweisen.

Und sie müssen aufpassen, dass sie am Ende nicht trotzdem der große politische Verlierer werden. Denn SPD und Grüne verkaufen ihre populären (und teuren) Pläne für Schulen, Bäder und Wohnungsba­u als Kur für die Versäumnis­se der Vorgänger, die das Geld angeblich für Prestigepr­ojekte verpulvert haben. Die FDP hingegen regiert seit 1999 und muss ständig erklären, dass früher alles gut war. Und es heute natürlich auch ist. Noch eine rhetorisch­e Herausford­erung. Wenn die kommenden Jahre richtig schlecht laufen, werden die anderen für ihre Wohltaten gefeiert. Und die FDP steht da als der gescheiter­te Haushaltsw­ächter.

Strack-Zimmermann hat am Dienstag übrigens zum Sparen aufgerufen. Bald gibt es sogar eine „Spar-Kommission“. Diesmal, so heißt es, wird es ernst.

 ?? RP-ARCHIVFOTO: ESSER/MONTAGE: FERL ?? FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Manfred Neuenhaus präsentier­en sich als Sparkommis­sare im Stadtrat. Das geht angesichts des Lochs im Haushalt nur mit einem Blick durch die rosarote Brille.
RP-ARCHIVFOTO: ESSER/MONTAGE: FERL FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Manfred Neuenhaus präsentier­en sich als Sparkommis­sare im Stadtrat. Das geht angesichts des Lochs im Haushalt nur mit einem Blick durch die rosarote Brille.

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