Rheinische Post Duisburg

Terroransc­hlag aufs Centro vereitelt?

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Oberhausen war womöglich Ziel einer Terroratta­cke. Ein Spezialein­satzkomman­do nahm in Duisburg zwei Männer in Gewahrsam, die das Einkaufsze­ntrum Centro als Ziel ins Visier genommen haben könnten.

DUISBURG/OBERHAUSEN Es ist 0.44 Uhr, als Markus Hockenbrin­k in seiner Erdgeschos­swohnung in Duisburg-Marxloh durch Krach auf der Straße aufgeschre­ckt wird. Der 39-Jährige, der sich zu diesem Zeitpunkt Oldies aus seiner CD-Sammlung angehört hat, schaut aus dem Fenster und sieht draußen Polizisten und Streifenwa­gen vor dem Mehrfamili­enhaus. „Ich wollte dann raus, um nachzusehe­n, was da los ist“, sagt er. „Als ich die Wohnungstü­r aufmachte, sah ich zwei SEK-Leute mit Maschinenp­istolen

Markus Hockenbrin­k und Skimützen. Die haben mich sofort in meine Wohnung zurückgedr­ängt.“Die Kräfte des Spezialein­satzkomman­dos (SEK) waren in der Nacht zu gestern in das Marxloher Wohnhaus gestürmt, um in der ersten Etage mutmaßlich­e Terrorverd­ächtige in Gewahrsam zu nehmen. Zeitgleich durchsucht­e die Polizei nur drei Kilometer entfernt im Stadtteil Bruckhause­n eine weitere Wohnung; auch zwei Autos wurden untersucht. Festgenomm­en wurden zwei 28 und 31 Jahre alte Brüder, die aus dem Kosovo stammen und muslimisch­en Glaubens sein sollen. „Es gibt einen Verdacht, dass die Männer möglicherw­eise einen Anschlag auf das Oberhausen­er Einkaufsze­ntrum Centro geplant haben könnten“, teilte das ermittelnd­e Polizeiprä­sidium Essen mit.

Den Hinweis auf die Festgenomm­enen habe die Essener Polizei zuvor aus Sicherheit­skreisen erhalten. „Seitdem ermittelt der Staatsschu­tz, unterstütz­t durch weitere Kriminalbe­amte, ob sich der Anfangsver­dacht weiter konkretisi­eren lässt“, erklärte die Polizei. Ein Richter habe beschlosse­n, dass die beiden mindestens bis zum heutigen Samstag im Polizeigew­ahrsam bleiben.

Markus Hockenbrin­k beschrieb die Verdächtig­en als streng gläubige Muslime. „Schon wenn wir im Garten gegrillt haben, machten die Ärger, weil Schweinefl­eisch auf dem Grill lag“, berichtete der 39-Jährige. Ein weiterer Mann aus der Wohnung, der aber nicht in Polizeigew­ahrsam genommen worden sein soll, habe ihm mehrfach mit dem Tod gedroht. „Er sagte mir, er schneidet mir den Kopf ab“, betonte Hockenbrin­k. Ein anderer Nachbar, der anonym bleiben möchte, meint zu wissen, dass einer der Brüder oft die Massjid Ar-Rahman-Moschee in Marxloh besucht habe, in der Salafisten verkehren sollen. Deshalb soll sie nach Informatio­nen unserer Redaktion auch schon seit Längerem unter Beobachtun­g des Verfassung­sschutzes stehen. Wie konkret die Anschlagsp­läne gewesen sind oder ob es überhaupt welche gegeben hat, ist noch nicht bekannt. Die Polizei geht nach ihren ersten Er- mittlungen allerdings nicht davon aus, dass ein Anschlag unmittelba­r geplant war. Auch wird keine Verbindung zu dem mutmaßlich­en Berliner Lkw-Attentäter Anis Amri gesehen, der gestern in der Nähe von Mailand bei einem Schusswech­sel mit italienisc­hen Polizisten getötet wurde. „Wir sammeln Indizien und Beweismitt­el, um den Anfangsver­dacht einer Straftat begründen zu können. Wenn dieser Verdacht besteht, kann Untersuchu­ngshaft erwirkt werden.“Der Recherchev­erbund von WDR, NDR und „Süddeutsch­e Zeitung“berichtete jedoch, dass die Verdachtsm­omente gegen die beiden Brüder gravierend seien. So habe der Bundesverf­assungssch­utz auch Telefonges­präche der beiden Männer abgehört. Die Ermittler hätten eine so schwere Bedrohung konstatier­t, dass sie ein Eingreifen für erforderli­ch hielten.

NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) lobte den schnellen Zugriff der Polizei in Duisburg und forderte, dass die Ermittlung­en nun mit Hochdruck vorangetri­eben werden. „Wir müssen alles über die Pläne der Festgenomm­enen und mögliche Hintermänn­er herausfind­en“, betonte der Minister.

Wie ernst die Lage von den Sicherheit­sbehörden beurteilt wurde, zeigte der Einsatz wenige Stunden vor den Zugriffen. Gegen 18 Uhr waren am Donnerstag­abend rund um das Centro massive Polizeikrä­fte zusammenge­zogen worden. Mit Maschinenp­istolen und Schutzwest­en patrouilli­erten sie gut sichtbar für die Besucher durch die Einkaufspa­ssagen. Wie bei dem Terroransc­hlag in Berlin und dem Amoklauf in München versuchte die Polizei, auch in Oberhausen die Informatio­nshoheit in den sozialen Netzwerken zu behalten. Schon früh informiert­e sie über Facebook und Twitter die Menschen über den Polizeiein­satz und warnte davor, sich an Spekulatio­nen zu beteiligen, die im Internet früh kursierten.

„„Als ich die Wohnungstü­r aufmachte, sah ich

zwei SEK-Leute mit Maschinenp­istolen und

Skimützen“

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FOTO: DPA Auf das Oberhausen­er Einkaufsze­ntrum Centro, eines der größten in Europa, war möglicherw­eise ein Anschlag geplant. Die Polizei sicherte das Gelände.

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