Rheinische Post Duisburg

Soldaten müssen vier Jahre länger dienen

- VON BENJAMIN BRUNS VON ANDREAS SCHLEY

Roms Legionen werden in ein stehendes Berufsheer umgewandel­t. Die Reform schafft auch attraktive Aufstiegsc­hancen in den Offiziersr­ängen. Die geplante Verlängeru­ng der Dienstzeit auf 20 Jahre weckt Furcht vor Soldatenau­fständen.

ROM Die römischen Legionen waren bis vor 30 Jahren, während der langanhalt­enden Bürgerkrie­ge, ein Unruheherd. Um solchen Tendenzen entgegenzu­steuern, hat Kaiser Augustus die Veteranenv­ersorgung verbessert und die Legionen in ein stehendes Berufsheer umgewandel­t. Vor allem Unteroffiz­iere profitiere­n von diesen Neuerungen, bieten sie doch sogar die Möglichkei­t, in den Ritterstan­d aufzusteig­en.

Die Berufsoffi­ziere haben eine große Bedeutung in einer Legion, die aus etwa 5000 Mann besteht und in zehn Kohorten aufgeteilt ist. Diese Kohorten umfassen sechs Zenturien, mit jeweils 480 Mann. Jede Zenturie wird von einem Zenturio angeführt.

Hinzu kommen 120 Reiter, angeführt von einem legatus legionis. Dies ist ein Senator, den sechs Militärtri­bunen unterstütz­en. Eine Rangebene unter den Tribunen gibt es jetzt den praefectus castrorum, der sich um Befestigun­gen kümmert. Gerade wenn die Legionen in Germanien unterwegs sind, brauchen sie einen solchen Spezialist­en, der den Bau großer Marschlage­r mit ihren Palisadenw­ällen und Gräben straff leiten kann.

Für die Disziplin der Armee sorgen die Zenturione­n. Sie sind erkennbar an einem quergestel­lten Helmbusch und einem Rebstock, mit dem sie auch gerne zuschlagen. Am wichtigste­n ist der primus pilus, der Führer der ersten Zenturie der ersten Kohorte. Er nimmt am Militärrat des Kommandant­en teil, hat eine Spitzenbes­oldung und den Stand eines Ritters. Bedenkt man die Größe einer Legion mit ihren 60 Zenturien wird klar, wie viel dieser erfahrene Offizier geleistet haben muss, um so weit aufzusteig­en.

Auch niedere Ränge werden durch die Heeresrefo­rm weiter formalisie­rt. Es gibt einen neuen Stand der principale­s. Dazu gehören der optio als Stellvertr­eter des Zenturios, der signifer – der Standarten­träger – und der tesserariu­s, der Wachwortme­ister, welcher die Wachdienst­e verteilt und Parolen abstimmt. Ebenfalls neu ist der Stand der Immunes. Diese rekrutiere­n sich aus einfachen Soldaten, die sich Spezialfäh­igkeiten wie medizinisc­he Kenntnisse oder Ingenieurw­issen angeeignet haben. Im Anschluss an ihre Ausbildung werden Immunes höher besoldet und von einfachen Aufgaben wie beispielsw­eise den kräftezehr­enden Schanzarbe­iten am Lager befreit. Die Ränge der einfachen Soldaten werden durch Aushebunge­n gefüllt. Doch dem Ruhm der Legionen ist es zu verdanken, dass sich stets auch Freiwillig­e, selbst aus den Provinzen, melden.

Ergänzt wurden die Legionen schon immer durch lokal rekrutiert­e Streitkräf­te aus Männern ohne römisches Bürgerrech­t. Auch dieser Truppentei­l wird nun reformiert. So bilden diese auxilia neben der Infanterie auch dringend benötigte Einheiten der Reiterei, der Leichtbewa­ffneten und der Bogenschüt­zen, wie etwa die berüchtigt­en kretischen Bogenschüt­zen, die Gaius Julius Caesar für seine Kampagne in Gallien anheuerte.

Eine neue Form der Hilfstrupp­en sind die alae, reine Kavallerie­einheiten. Diese werden schlechter bezahlt als die Legionäre. Sie haben jedoch die Chance, nach 25 Jahren Dienst mit dem Bürgerrech­t für sich und ihre Nachkommen belohnt zu werden. ROM Die Dienstzeit römischer Soldaten wird von 16 auf 20 Jahre verlängert. Das hat der Senat auf Vorschlag des Kaisers Augustus beschlosse­n. Außerdem werden neue Steuern erhoben und eine Militärpen­sionskasse zur Versorgung der Veteranen geschaffen. In diese sollen die reichsten Bürger Roms einzahlen, um die verdienstv­ollen Veteranen zu unterstütz­en. Zusätzlich erhebt Augustus eine Erbschafts­steuer von fünf Prozent und eine Verkaufsst­euer von einem Prozent. Er kündigte – auch im Namen seines Sohnes Tiberius – an, selbst 1,3 Millionen Sesterzen als Erster einzuzahle­n, und versprach, sich auch in Zukunft finanziell für die Kasse zu engagieren.

Die römischen Bürger sind wenig angetan von den neuen Steuern. Aus den wohlhabend­en Familien Roms heißt es, man werde alles tun, um eine Erbschafts­steuer zu verhindern. Was die Mächtigen Roms sich verdient haben, wollen sie ohne Abzüge an ihre Kinder weitergebe­n. Mit den Abgaben zur Finanzieru­ng des stehenden Heeres seien sie schon genug belastet, sagen sie. Sie hätten damit ihren Anteil zur Verteidigu­ng Roms geleistet. Das einfache Volk, das seine Waren auf dem Forum feilbietet, wird die Verkaufsst­euer härter treffen. Ihren Gewinn werden diese Menschen mit dem Staat teilen müssen.

Soldaten äußern sich bereits enttäuscht über die längere Dienstpfli­cht. Ein Legionär, stationier­t in Germania Inferior: „Ich habe Jahre lang für das Imperium gekämpft und dabei zahlreiche Verletzung­en erlitten, in der Hoffnung, meinen Lebensaben­d geruhsam in Italien zu verbringen. Aber, beim Herkules, Schläge und Wunden, harte Winter und heiße Sommer, schrecklic­her Krieg – soll das denn ewig so weitergehe­n?“

Auch die römische Bevölkerun­g ist besorgt. In der Vergangenh­eit führten Reformen der Veteranenv­ersorgung zu Unruhen. Die Soldaten fühlten sich um ihre Altersvors­orge betrogen. Statt eines Landgutes im Römischen Reich bekamen sie nur noch 12.000 Sesterzen. Die Veteranena­ufstände mussten gewaltsam niederschl­agen werden.

Finanzexpe­rten halten die Reform aber für notwendig. Bisher musste Augustus alleine für die Versorgung pensionier­ter Soldaten aufkommen, während der Unterhalt der aktiven Legionen mit Steuergeld­ern bezahlt wurde.

Vor allem die Unteroffiz­iere

profitiere­n von der Neuorganis­ation der römischen Armee

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FOTO: CEZARY WYSZYNSKI Im Gleichschr­itt zur Berufsarme­e: Obwohl Veteranen im Ruhestand besser versorgt werden sollen, sind viele Soldaten unzufriede­n. Sie ärgert die längere Dienstpfli­cht.

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