Rheinische Post Duisburg

Gefahr fürs Trinkwasse­r und den Rhein?

- VON MARTIN KRAMPITZ

Mehrere Zeitzeugen berichten davon, in den 1970-er-Jahren giftige Materialie­n, unter anderem aus Hüttenwerk­en, auf der Halde Lohmannshe­ide abgekippt zu haben. Und die soll jetzt aufgeschüt­tet werden.

BAERL Ist es sinnvoll, wie geplant ab dem Jahr 2019 rund fünf Millionen Tonnen DK1-Material auf die Halde Lohmannshe­ide in Baerl zu schütten? Wird diese große Menge Material massiven Druck auf die unteren Schichten ausüben, in denen sich laut Zeugen zahlreiche Schadstoff­e befinden, die von 1945 bis 1990 auf der ehemaligen Deponie abgekippt wurden? Könnten diese Schadstoff­e dann in das Grundwasse­r austreten, das durch den Kies und Sand unterhalb der Schadstoff­e fließt? Gleich mehrere Zeugenauss­agen legen das nahe.

Der Homberger CDU-Chef Klaus Radny warnt bereits: „Das Grundwasse­r unter der Halde fließt in den nur wenige Hundert Meter entfernten Rhein. Wenn das kommt, befürchten wir eine Vergiftung des Rheins bis in die Niederland­e. Jetzt gilt es frühzeitig, eine Umweltkata­strophe zu verhindern.“

Radny und der Homberger CDUVorstan­d fordern rechtzeiti­ge Probebohru­ngen im Rahmen des Genehmigun­gsverfahre­ns für die Aufschüttu­ng. Zuständig für das Verfahren ist die Bezirksreg­ierung Düsseldorf. Inzwischen hat der Deponiebet­reiber DH1 Probebohru­ngen zugesicher­t, falls Behörden oder Gutachter das für notwendig halten sollten.

Unmittelba­r nach dem Kriegsende im Mai 1945 begann die Verfüllung rund um den Waldsee auf der Lohmannshe­ide, berichtet ein Zeitzeuge aus Moers-Meerbeck, (die Namen aller genannten Zeitzeugen, die ihre Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, sind der Redaktion bekannt): „Nach dem Krieg sind die zerbombten Anlagen des Hydrierwer­ks in Meerbeck, in dem unter den Nazis Kohle zu Öl verflüssig­t wurde, auf die umliegende­n Löcher und Bombentric­hter verteilt worden“, berichtet ein früherer Werksmitar­beiter aus Meerbeck. „Rück- stände des Meerbecker Betriebs wurden auch am Waldsee verklappt.“Man würde heute dort noch Rückstände finden, wenn man sie denn suchen würde.

Das war aber erst der Anfang: In den folgenden 45 Jahren entwickelt­e sich die Lohmannshe­ide am Waldsee, bis 1975 auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinkamp, von der wilden zur regulären Deponie. Dort wurden große Mengen Hausmüll, Rückstände aus der Industrie und von Handwerksb­etrieben abgekippt, wie weitere Zeitzeugen berichten.

Auf der Deponie arbeitete die Firma Weber und Pöhn in den 1970er Jahren Abfälle und Rückstände aus der Ei- sen- und Stahlindus­trie auf oder lagerte sie, so ein Zeitzeuge aus Homberg. Als junger Mann fuhr er von 1974 bis 1978 an jedem Werktag zum Abkippen mit einem 38-Tonner-Lkw zur Deponie, bis zu fünf Mal am Tag. Er erinnert sich noch gut: „Bei dem Material handelte sich um hochgiftig­e Schamott-und Kohlenstof­fsteine, um Zerfallsch­lacke, Sinter aus Hochöfen von Mannesmann in Huckingen, von Krupp aus Rheinhause­n und Thyssen in Bruckhause­n. Die Schamottst­eine wurden dort abgeklopft, wiederaufb­ereitet und weiter verkauft. Die Hochofensc­hlacke wurde separiert, wiederaufb­ereitet und weiter verkauft. Es handelte sich um große

Klaus Radny Mengen, etwa 30 Lkw a 25 Tonnen pro Tag. „Kontrollie­rt wurde damals nur die Menge und Art des Materials, Giftstoffe spielten damals kaum eine Rolle. Auch Eisenteile aus der Industrie wurden wieder verwertet und weiter verkauft. Damit wurden Riesengewi­nne gemacht“, erinnert sich der Mann aus Homberg.

Auf dem Gelände habe sich Mitte der 1970er Jahre noch ein ausgekiest­es Baggerloch mit rund zwei Hektar Größe, also rund 20.000 Quadratmet­er befunden. „Mit Sicherheit war das Wasser dieses Sees schon kontaminie­rt. Wenn die Sonne darauf schien, schillerte das Wasser an der Oberfläche in vielen Farben, blau, gelb, rot und grün.“

Einmal, so der Zeitzeuge weiter, sei ein gelber Radlader von der Böschung am Rand in dieses Baggerloch gefallen. 14 Tage später war an diesem Radlader die gelbe Farbe vollständi­g verschwund­en. „Man sah nur noch das blanke Metall“, so seine Erinnerung.

„Jetzt gilt es, frühzeitig eine Umweltkata­strophe zu verhindern“

CDU Homberg

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FOTO: DH1 Die Halde Lohmannshe­ide in Baerl aus der Luft gesehen.
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