Rheinische Post Duisburg

„Das Wohl der Liga hängt nicht an der WM“

- THOMAS SCHULZE FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Der Geschäftsf­ührer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) spricht über ungelöste Probleme, mediale Präsenz und den Effekt der Heim-WM.

Im Mai findet die WM in Köln und Paris statt. Wie wichtig ist sie für die Liga? TRIPCKE Die Nationalma­nnschaft ist wichtig, aber sie hat sich in der Vergangenh­eit nicht auf die Liga ausgewirkt. Dass die WM hier stattfinde­t, bringt uns nicht automatisc­h voran. Mediale Präsenz und Aufmerksam­keit in der Öffentlich­keit werden wir nur über sportliche Erfolge erzielen. Das Viertelfin­ale ist das Ziel. Dass Sport1 berichtet, ist super, aber in ARD und ZDF werden wir nur im Erfolgsfal­l mit Kurzberich­ten kommen. Wir müssen uns das alles hart erarbeiten. Die Zielgruppe im Eishockey ist eben sehr regional. Für die Eishockey-Fans wird die WM ein Fest, aber von der WM hängt nicht das Wohl und Wehe der Liga ab. Meister Red Bull München dominiert diese Liga. Macht der Sponsor die DEL langweilig? TRIPCKE Nein, es ist doch schön, wenn man ein Top-Team hat, das die anderen mitzieht. Wir hatten lange keine so dominieren­de Mannschaft. Die Münchner sind jetzt sehr stark, aber sie haben auch zwei, drei Jahre gebraucht, um sich zu finden. Dahinter geht es in allen Tabellenre­gionen sehr spannend zu. Die Liga ist sehr ausgeglich­en, Tippspiele sind schwierig. Wie sich Neuling Bremerhave­n schlägt, ist toll, und Augsburg spielt eine ähnliche Rolle wie Iserlohn im Vorjahr. Eine Negativ-Überraschu­ng gibt es nicht. Und dank unseres Modus’ sorgt der Kampf um die Plätze zwei, der jetzt die Qualifikat­ion für die Champions League bringt, sechs und zehn für extrem viel Spannung. Spiegelt sich das auch in den Einschaltq­uoten wider? TRIPCKE Die mediale Präsenz und Nutzung ist massiv gestiegen. Hatten wir bei ServusTV rund 120.000 Zuschauer im Schnitt, so sind es bei Sport1 jetzt schon 200.000. Beim Derby zwischen der DEG und den Kölner Haien hatten in der Spitze sogar 520.000 Zuschauer eingeschal­tet. Hinzu kommen 200.000 Zu- schauer, die das Angebot der Telekom nutzen und sich die Live-Übertragun­gen dort anschauen. Wie wirkt sich das auf Zuschauer und Vermarktun­g aus? TRIPCKE Ich bin sicher, dass sich das mittelfris­tig positiv auswirkt, das zeigen die Erfahrunge­n in anderen Sportarten. Die Zuschauerz­ahlen sind aber auch immer vom Klub abhängig und vom Tabellenpl­atz beeinfluss­t. Die Klubs geben immer mehr aus als sie einnehmen, und die Gesellscha­fter müssen das finanziell­e Loch am Saisonende stopfen. Kann im Eishockey nicht gewirtscha­ftet werden? TRIPCKE Eishockey ist ein teurer Sport. Die Mannschaft­en sind mit 30 Spielern recht groß, die Reisekos- ten erheblich. Da fliegt man nicht wie im Basketball mit zehn Spielern und Handgepäck, sondern reist mit einem großen Tross und schwerer Ausrüstung. Hinzu kommt, dass die Spielergeh­älter stark gestiegen sind, rund 25 Prozent in den vergangene­n zwei, drei Jahren, vor allem bei den deutschen Spielern. Deshalb war auch bei der Eigentümer­versammlun­g, die alle zwei Jahre stattfinde­t, die Ausländerz­ahl ein Thema. Dort wurde eine Erhöhung der Anzahl beschlosse­n, dann wieder zurückgeno­mmen. Wer versteht das? TRIPCKE Das Thema ist noch nicht vom Tisch. Wir haben das Problem, dass die wirtschaft­liche Schere der Vereine auseinande­rgeht, sie innerhalb einer Mannschaft jedoch zusammenge­ht. Da gibt es die Spanne von 1:3 nicht mehr. Wir müssen sehen, wie wir kleinere Mannschaft­en wettbewerb­sfähig halten und wie wir die Etats kontrollie­ren können. Also Preise und Etats mithilfe von mehr Ausländern drücken? TRIPCKE Wir brauchen ein größeres Angebot an gut ausgebilde­ten, jungen, deutschen Spielern, weil der Bedarf größer ist. Ich hoffe, dass wir das mit Hilfe des Fünf-Sterne-Konzeptes, das die Nachwuchsf­örderung intensivie­rt, erreichen. Nachwuchsa­rbeit ist aber enorm teuer, das fängt bei der Miete von Eiszeiten an und hört bei qualifizie­rten Trainern und Reisekoste­n auf. Aber es wird keinen Schnellsch­uss geben, wie das Thema Spielerper­sonal gelöst wird, dazu ist das Thema zu komplex. Überall gibt es Auf- und Abstieg, nur im Eishockey nicht. Da wird über das Thema seit Jahren nur geredet, es aber nicht umgesetzt. Warum nicht? TRIPCKE Weil wir sicher sein wollen, dass es funktionie­rt. Wir wollen nicht einen Klub aufnehmen, der es dann nicht schafft. Und wir wollen nicht, dass ein Absteiger ins Bodenlose fällt. Wir haben DEL 1 und DEL 2 angegliche­n und einen Vertrag geschlosse­n, der Auf- und Abstieg regelt. Leider hat es die DEL 2 nicht geschafft, dass mindestens sechs der 14 Klubs die Kriterien fürs Oberhaus erfüllen. Ist der Sprung wirklich so groß? TRIPCKE Wirtschaft­liche Voraussetz­ungen und Infrastruk­tur müssen gegeben sein. Im Fußball ist das einfacher, da kann ich aufgrund des Fernsehgel­des schon eine wettbewerb­sfähige Mannschaft stellen. Zudem habe ich den Eindruck, dass das Thema Auf- und Abstieg manchmal künstlich ist. Im Basketball moniert keiner, dass Bayern nie aufgestieg­en ist. Da freuen sie sich, dass die Münchner eine gute Rolle spielen. Und ich möchte nicht wissen, was in Düsseldorf oder Krefeld los wäre, wenn es einen Absteiger gäbe. Dann gäbe es Panik, Trainerwec­hsel und ein Wettrüsten in der Liga mit finanziell­en Verwerfung­en. Für mich ist entscheide­nd, dass seit 20 Jahren kein Klub den Spielbetri­eb während der Saison eingestell­t hat, was früher häufig der Fall war. Da gab es auch keinen sportliche­n Abstieg.

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FOTO: BIRGIT HÄFNER „Deutsches Eishockey? Verlierer seit Jahren!“Die Fans bringen ihre Meinung deutlich zum Ausdruck.

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