„Das Wohl der Liga hängt nicht an der WM“
Der Geschäftsführer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) spricht über ungelöste Probleme, mediale Präsenz und den Effekt der Heim-WM.
Im Mai findet die WM in Köln und Paris statt. Wie wichtig ist sie für die Liga? TRIPCKE Die Nationalmannschaft ist wichtig, aber sie hat sich in der Vergangenheit nicht auf die Liga ausgewirkt. Dass die WM hier stattfindet, bringt uns nicht automatisch voran. Mediale Präsenz und Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit werden wir nur über sportliche Erfolge erzielen. Das Viertelfinale ist das Ziel. Dass Sport1 berichtet, ist super, aber in ARD und ZDF werden wir nur im Erfolgsfall mit Kurzberichten kommen. Wir müssen uns das alles hart erarbeiten. Die Zielgruppe im Eishockey ist eben sehr regional. Für die Eishockey-Fans wird die WM ein Fest, aber von der WM hängt nicht das Wohl und Wehe der Liga ab. Meister Red Bull München dominiert diese Liga. Macht der Sponsor die DEL langweilig? TRIPCKE Nein, es ist doch schön, wenn man ein Top-Team hat, das die anderen mitzieht. Wir hatten lange keine so dominierende Mannschaft. Die Münchner sind jetzt sehr stark, aber sie haben auch zwei, drei Jahre gebraucht, um sich zu finden. Dahinter geht es in allen Tabellenregionen sehr spannend zu. Die Liga ist sehr ausgeglichen, Tippspiele sind schwierig. Wie sich Neuling Bremerhaven schlägt, ist toll, und Augsburg spielt eine ähnliche Rolle wie Iserlohn im Vorjahr. Eine Negativ-Überraschung gibt es nicht. Und dank unseres Modus’ sorgt der Kampf um die Plätze zwei, der jetzt die Qualifikation für die Champions League bringt, sechs und zehn für extrem viel Spannung. Spiegelt sich das auch in den Einschaltquoten wider? TRIPCKE Die mediale Präsenz und Nutzung ist massiv gestiegen. Hatten wir bei ServusTV rund 120.000 Zuschauer im Schnitt, so sind es bei Sport1 jetzt schon 200.000. Beim Derby zwischen der DEG und den Kölner Haien hatten in der Spitze sogar 520.000 Zuschauer eingeschaltet. Hinzu kommen 200.000 Zu- schauer, die das Angebot der Telekom nutzen und sich die Live-Übertragungen dort anschauen. Wie wirkt sich das auf Zuschauer und Vermarktung aus? TRIPCKE Ich bin sicher, dass sich das mittelfristig positiv auswirkt, das zeigen die Erfahrungen in anderen Sportarten. Die Zuschauerzahlen sind aber auch immer vom Klub abhängig und vom Tabellenplatz beeinflusst. Die Klubs geben immer mehr aus als sie einnehmen, und die Gesellschafter müssen das finanzielle Loch am Saisonende stopfen. Kann im Eishockey nicht gewirtschaftet werden? TRIPCKE Eishockey ist ein teurer Sport. Die Mannschaften sind mit 30 Spielern recht groß, die Reisekos- ten erheblich. Da fliegt man nicht wie im Basketball mit zehn Spielern und Handgepäck, sondern reist mit einem großen Tross und schwerer Ausrüstung. Hinzu kommt, dass die Spielergehälter stark gestiegen sind, rund 25 Prozent in den vergangenen zwei, drei Jahren, vor allem bei den deutschen Spielern. Deshalb war auch bei der Eigentümerversammlung, die alle zwei Jahre stattfindet, die Ausländerzahl ein Thema. Dort wurde eine Erhöhung der Anzahl beschlossen, dann wieder zurückgenommen. Wer versteht das? TRIPCKE Das Thema ist noch nicht vom Tisch. Wir haben das Problem, dass die wirtschaftliche Schere der Vereine auseinandergeht, sie innerhalb einer Mannschaft jedoch zusammengeht. Da gibt es die Spanne von 1:3 nicht mehr. Wir müssen sehen, wie wir kleinere Mannschaften wettbewerbsfähig halten und wie wir die Etats kontrollieren können. Also Preise und Etats mithilfe von mehr Ausländern drücken? TRIPCKE Wir brauchen ein größeres Angebot an gut ausgebildeten, jungen, deutschen Spielern, weil der Bedarf größer ist. Ich hoffe, dass wir das mit Hilfe des Fünf-Sterne-Konzeptes, das die Nachwuchsförderung intensiviert, erreichen. Nachwuchsarbeit ist aber enorm teuer, das fängt bei der Miete von Eiszeiten an und hört bei qualifizierten Trainern und Reisekosten auf. Aber es wird keinen Schnellschuss geben, wie das Thema Spielerpersonal gelöst wird, dazu ist das Thema zu komplex. Überall gibt es Auf- und Abstieg, nur im Eishockey nicht. Da wird über das Thema seit Jahren nur geredet, es aber nicht umgesetzt. Warum nicht? TRIPCKE Weil wir sicher sein wollen, dass es funktioniert. Wir wollen nicht einen Klub aufnehmen, der es dann nicht schafft. Und wir wollen nicht, dass ein Absteiger ins Bodenlose fällt. Wir haben DEL 1 und DEL 2 angeglichen und einen Vertrag geschlossen, der Auf- und Abstieg regelt. Leider hat es die DEL 2 nicht geschafft, dass mindestens sechs der 14 Klubs die Kriterien fürs Oberhaus erfüllen. Ist der Sprung wirklich so groß? TRIPCKE Wirtschaftliche Voraussetzungen und Infrastruktur müssen gegeben sein. Im Fußball ist das einfacher, da kann ich aufgrund des Fernsehgeldes schon eine wettbewerbsfähige Mannschaft stellen. Zudem habe ich den Eindruck, dass das Thema Auf- und Abstieg manchmal künstlich ist. Im Basketball moniert keiner, dass Bayern nie aufgestiegen ist. Da freuen sie sich, dass die Münchner eine gute Rolle spielen. Und ich möchte nicht wissen, was in Düsseldorf oder Krefeld los wäre, wenn es einen Absteiger gäbe. Dann gäbe es Panik, Trainerwechsel und ein Wettrüsten in der Liga mit finanziellen Verwerfungen. Für mich ist entscheidend, dass seit 20 Jahren kein Klub den Spielbetrieb während der Saison eingestellt hat, was früher häufig der Fall war. Da gab es auch keinen sportlichen Abstieg.