Rheinische Post Duisburg

Österreich schmiedet mit Nachbarlän­dern Pakt gegen die Maut

- VON RUDOLF GRUBER

Wien will auf einem Treffen in Brüssel den Widerstand und mögliche Klagen organisier­en. Verkehrsmi­nister Dobrindt spricht von „Maut-Maulerei“.

WIEN Noch im Januar will Österreich­s Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d (SPÖ) erste konkrete Schritte setzen. Geplant ist eine konzertier­te Kampagne mit Hilfe weiterer EUNachbars­taaten, die von der deutschen Pkw-Maut ebenfalls betroffen sind. Der Sozialdemo­krat hat auch den Gang zum Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) nicht ausgeschlo­ssen. Neben Österreich wollen auch die Niederland­e und eventuell Belgien klagen. Auch in Osteuropa ließen sich Partner finden. Zu dem geplanten Treffen mit Ministerko­llegen in Brüssel will Leichtfrie­d al- lerdings den deutschen Amtskolleg­en Alexander Dobrindt (CSU) nicht einladen.

In einem Brief vom 30. Dezember an EU-Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc lehnte der Wiener Verkehrsmi­nister die kürzlich zwischen Deutschlan­d und der EU-Kommission geschlosse­ne Vereinbaru­ng zur Umsetzung der Pkw-Maut als „inakzeptab­len Kompromiss“ab. Dieser sei „weiterhin in mehreren Aspekten EU-rechtswidr­ig“. Es habe sich nichts an der Tatsache geändert, dass ausländisc­he Autofahrer benachteil­igt würden, weil inländisch­e die Mautkosten über eine niedrigere Kfz-Steuer ersetzt bekämen.

Dobrindt reagierte bereits mit verbaler Kraftmeier­ei, die jedoch die Österreich­er in ihrer Entschloss­enheit eher bestärken, den Mautstreit notfalls vor den EuGH zu bringen. Der CSU-Minister hatte der Wiener Bundesregi­erung bereits früher „Maut-Maulerei“vorgeworfe­n, für die er wenig Verständni­s habe, „vor allem, wenn sie aus Österreich kommt“. Gerade Österreich, das selbst ein Mautsystem betreibe, solle sich besser zurückhalt­en, empfahl Dobrindt.

Vor 20 Jahren wurde die PkwMaut in Österreich eingeführt. Der Unterhalt der 2200 Kilometer langen Autobahnen, ihrer Tunnel und Brücken werden ausschließ­lich durch das „Pickerl“finanziert. 2015 brachte es Einnahmen von 1,86 Milliarden Euro. Die billigste Variante für zehn Tage kostet 8,90 Euro.

Leichtfrie­d reagierte auf Dobrindts „Maulerei“-Vorwurf nicht, hielt aber mit einem Argument dagegen: Wien könnte rein nichts gegen die deutsche Pkw-Maut einwenden, wenn sowohl In- als auch Ausländer gleicherma­ßen zur Kasse gebeten würden, wie dies in Österreich der Fall sei.

In einem Interview verschonte Leichtfrie­d auch die Brüsseler Kommissari­n Bulc nicht. Er warf ihr vor, vor dem stärksten Mitgliedss­taat (gemeint ist Deutschlan­d) nachgegebe­n zu haben: „Was hier passiert, ist Teil der großen europäisch­en Katastroph­e. Wir geben nationalen Egoismen immer stärker nach.“So schaffe sich die Europäisch­e Union selbst ab. „Für mich ist das mit ein Grund, gegen das deutsche Mautmodell vorzugehen“, so Leichtfrie­d.

Dass Österreich notfalls einen Nachbarsch­aftsstreit nicht scheut, signalisie­rte Bundeskanz­ler Christian Kern, Parteigeno­sse seines Verkehrsmi­nisters, bereits Mitte Dezember: In einem Interview sprach Kern von einem „Belastungs­test“der Beziehunge­n, der für Österreich positiv enden werde.

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FOTO: DPA Deutsche Maut-Pläne erzürnen die Nachbarn.

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