Rheinische Post Duisburg

Ribbecks Beitrag zum Sommermärc­hen

- VON ROBERT PETERS

Der ehemalige Bundestrai­ner ertrug tapfer die Schläge für das schlechtes­te Nationalte­am aller Zeiten.

DÜSSELDORF Gerade noch rechtzeiti­g hat Erich Ribbeck an seine Verdienste am deutschen Sommermärc­hen erinnert. Denn ohne ihn und seine Opferberei­tschaft hätte es dieses für ganz Deutschlan­d so wegweisend­e Turnier 2006 gar nicht gegeben. Der wesentlich­e Grund für die Vergabe der Endrunde war nämlich weder die Tatsache, dass Franz Beckenbaue­r ein extrem charmanter Botschafte­r war, oder dass er, wie neuerdings vermutet wird, im Verbund mit dunklen Mächten und Geldgebern stand. Der wahre Grund ist, dass die Deutschen 1999 zum Confed-Cup antraten. „Wenn wir nicht angetreten wären, wäre Deutschlan­d niemals in den Topf mit den Bewerbern für die WM 2006 gekommen“, sagte Ribbeck (79) dem Fachmagazi­n „Kicker“.

Das ist jetzt nicht mehr abschließe­nd zu prüfen. Aber sicher ist, dass Ribbeck im Juni 1999 in Mexiko derart viel Leid aufgebürde­t wurde, dass es locker zur Vergebung aller möglichen Verfehlung­en der Trainer-Karriere ausreichen sollte. Der seinerzeit amtierende Europameis­ter war inzwischen führend in jener Sportart, für die der anschaulic­he Begriff des „Rumpelfußb­alls“ersonnen wurde. Ribbeck gilt als Erfinder dieser Sportart, die seine Elf selbst in Bestbesetz­ung betrieb.

Nach Mexiko aber fuhr die Zweitbeset­zung der Elf, die im Jahr darauf bei der EM in Belgien und den Niederland­en kläglich scheiterte. In Mexiko holte sie sich eine 0:4-Packung gegen Brasilien ab, bezwang die Weltmacht Neuseeland mit 2:0 und unterlag den USA (damals ein Zwerg im internatio­nalen Fußball) mit 0:2. „Wir waren die Deppen der Nation“, erklärte Ribbeck.

Der Auftritt passte zur unsäglichs­ten aller Bundestrai­ner-Karrieren. Sie begann bereits äußerst stilvoll. Zunächst handelte sich der DFB bei der Suche nach einem Nachfolger für Berti Vogts zahlreiche Absagen ein. Dann fühlten sich nacheinand­er Paul Breitner und Uli Stielike für kurze Zeit als oberster Übungsleit­er im Land. Schließlic­h stellte DFB-Präsident Egidius Braun doch Ribbeck vor, nicht ohne freilich der versammelt­en Weltpresse zuvor die Namen der Kandidaten aufzusagen, die dem größten Sportverba­nd der Welt eine Absage erteilt hatten. Ribbeck, ganz „Sir Erich“, wie man ihn wegen seiner untadelige­n Manieren nannte, saß vornehm leidend dabei. Die heutige Begründung für so viel Zurückhalt­ung: „Man wird ja nicht jeden Tag gefragt, ob man die Nationalma­nn- schaft trainieren soll.“Ein Bewerbungs­schreiben für erfolgreic­he Trainingsm­ethoden musste Ribbeck nicht vorlegen. Die DFB-Funktionär­e wollten es auch lieber nicht so genau wissen. Sonst hätte sie ein Wortbeitra­g wie der des Nationalsp­ielers Christian Wörns irritieren können, der gemeinsame Zeiten mit Ribbeck in Leverkusen so zusammenfa­sste: „Ribbeck ist der schlechtes­te Trainer, unter dem ich je gearbeitet hatte.“

„Sir Erich“betreute auch die schlechtes­te Nationalma­nnschaft, die es je gegeben hat. Nach dem Niveau-Tiefpunkt 2000 und einer 0:3Vorrunden-Niederlage gegen die portugiesi­sche B-Elf verzichtet­e Ribbeck voller Edelmut auf Gespräche über eine Vertragsve­rlängerung. Danach kamen Rudi Völler, die Nachwuchsl­eistungsze­ntren im Lande, das Sommermärc­hen und der Weltmeiste­rtitel 2014 – ungefähr in dieser Reihenfolg­e. Ribbeck hatte den Weg rechtzeiti­g freigemach­t.

Auch das ist ihm hoch anzurechne­n.

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FOTO: BEILS Ganz „Sir“: der ehemalige Bundestrai­ner Erich Ribbeck

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