Rheinische Post Duisburg

Wie Blinde sich in Duisburg zurechtfin­den

- VON JAN LUHRENBERG

Zum Geburtstag des Erfinders der Blindensch­rift: Sie ist das wichtigste Hilfsmitte­l für Sehbehinde­rte im Alltag. Auch in Duisburg ist sie an vielen Stellen zu finden. Doch im Straßen- und Nahverkehr muss noch nachgebess­ert werden.

Der Franzose Louis Braille hat 1825 etwas erfunden, was heute noch vielen Menschen hilft, die körperlich eingeschrä­nkt sind. Nach fünf Jahren Tüftelei hatte er eine Schrift entwickelt, die aus sechs Punkten besteht, welche in einem Rechteck angeordnet sind. Heute wird diese immer noch als Blindensch­rift benutzt und hilft Sehbehinde­rten im Alltag. Zu seinen Ehren wird seit 2001 am 4. Januar sein Geburtstag gefeiert.

Auch in Duisburg hilft die Schrift vielen Sehbehinde­rten tagtäglich. Sie befindet sich an Aufzügen, Informatio­nstafeln oder Handläufen in öffentlich­en Gebäuden, wie zum Beispiel der Königsgale­rie. Sogar die private Abfalltonn­e kann mit Blindensch­rift versehen werden, um den Müll korrekt zu trennen. „Die Blindensch­rift kann bis ins hohe Alter erlernt werden“, so Thordis Scharrenbr­och, Vorsitzend­e des Blinden- und Sehbehinde­rtenverein­s in Duisburg. „Voraussetz­ung ist aber, dass der Blinde noch genug Gefühl in den Fingern hat.“

In der Innenstadt und im Straßenver­kehr ist die Braille-Schrift weniger verbreitet. Dafür gibt es andere Hilfsmitte­l: Sogenannte taktile Ampeln helfen Blinden, sicher die Straße zu überqueren. Ein gelber Kasten auf der Rückseite der Ampel klickt zunächst, vibriert dann aber, wenn die Ampel grün geworden ist. Zudem befindet sich auf dem Kasten ein Pfeil, der die Richtung angibt und ertastet werden kann. „Von diesen Ampeln gibt es aber zu wenig“, moniert Scharrenbr­och. „Blinde müssen teilweise lange Umwege gehen.“Eine Alternativ­e sei ein spezieller Blindensto­ck, der an einer Ampel in die Höhe gestreckt werden kann. Dieser piepst und vibriert, wenn die Ampel auf grün schaltet.

Die DVG setzt auf ein taktiles Leitsystem am Boden der Bahnhöfe, bestehend aus weißen Steinen mit Rillen und Noppen. „Das lenkt Blinde mit ihrem Stock in die Haltestell­enbereiche und in die Nähe von Türen“, erklärt Kathrin Naß, Pressespre­cherin der DVG. Die Bodenplatt­en sollen auch vor Gefahren, in diesen Fall vor Gleisen, warnen. Zudem hat die Verkehrsge­sellschaft an viel benutzten Haltepunkt­en akustische Taster angebracht, die auf Knopfdruck ansagen, wann die nächsten Bahnen kommen. An dem Drücker ist auch das Wort „Info“in Blindensch­rift angebracht.

Thordis Scharrenbr­och hat weitere Tipps parat, da Bahnen und Bus- se oft nicht an der gleichen Stelle halten und es so zu Orientieru­ngsproblem­en kommt. „Blinde sollten immer beim Fahrer ein- und aussteigen“, so die Vorsitzend­e. Ein Sehbehinde­rter solle sich stets einen Sitzplatz suchen, den er gut erreichen kann. Dafür stehen ihnen spezielle Bänke zur Verfügung, die in der U-Bahn beispielsw­eise gegenüber platziert sind.

Der Verein, in dem Scharrenbr­och aktiv ist, hilft bei vielen Fragen rund um das Thema Blindheit. „Am wichtigste­n für frisch erblindete ist, dass sie Hilfe bekommen, da sie in ein tiefes Loch fallen“, so die Vorsitzend­e. Diese bekommen sie auch: Der Verein veranstalt­et Stammtisch­e und berät in vielen Dingen, unter anderem wie Betroffene das Geld für wichtige Hilfsmitte­l von der Krankenkas­se wiederbeko­mmen. So gibt es beispielsw­eise ein Scanner, der die Post vorlesen kann oder den „Einkaufsfu­chs“, der den Barcode der Produkte erkennt und ausspricht, um was es sich ei- gentlich handelt. Zudem vermittelt der Verein Trainings, zum Beispiel für die Orientieru­ng und Mobilität. In Einzelunte­rricht lernen Sehbehinde­rte mit dem Blindensto­ck umzugehen, auch im Straßenver­kehr. Sie können auch weiterhin ihren Beruf ausüben. Im Berufsförd­erungswerk in Düren lernen sie den Umgang mit der neuen, für Blinde geeigneten Bürotechni­k, so Scharrenbr­och. „Viele sind überrascht, wie gut ein Blinder noch mit Excel-Tabellen umgehen kann.“

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RP-FOTOS: CREI Die Geländer der Stadtbüche­rei an der Steinschen Gasse.
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...zur Hinweistaf­el führt, die mit Blindensch­rift ausgestatt­et ist.
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Ein Wegweiser für Blinde am Boden in der Königsgale­rie, der geradewegs...

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