Rheinische Post Duisburg

UDE-Studie: Elf Millionen EU-Bürger langzeitar­beitslos

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(RP) Die Langzeitar­beitslosig­keit in Europa hat sich seit Beginn der Wirtschaft­s- und Finanzkris­e 2008 dramatisch verfestigt. Fast die Hälfte (48,5 %) aller Arbeitslos­en zwischen 15 und 64 Jahren – elf Millionen Menschen in der EU – suchten im Jahr 2015 bereits länger als zwölf Monate nach Arbeit, jeder Dritte von ihnen wartete schon seit über zwei Jahren auf eine neue Anstellung. Das zeigen aktuelle Zahlen des Instituts Arbeit und Qualifikat­ion (IAQ) der Universitä­t Duisburg-Essen (UDE), die als Infografik im In- ternetport­al Sozialpoli­tik veröffentl­icht wurden.

Während in Dänemark „nur“jeder vierte Erwerbslos­e schon länger als ein Jahr ohne Beschäftig­ung war und in Großbritan­nien knapp ein Drittel, traf dies auf beinahe drei von vier Arbeitslos­en in Griechenla­nd zu. Langzeitar­beitslosig­keit hat nicht nur vom Ausmaß her zugenommen, sie dauert auch länger: Allein in Griechenla­nd war mehr als die Hälfte aller Betroffene­n bereits seit über zwei Jahren ohne Job, in Spanien (34,6 %), Italien (38,7 %)

Aktuell und Irland (41,2 %) weit mehr als jeder Dritte. Einzig in Deutschlan­d verläuft die Entwicklun­g dem europäisch­en Trend entgegen. Das bevölkerun­gsstärkste EU-Land konnte nicht nur den Anteil der Langzeitar­beitslosen um 15,8 Prozent reduzieren, sondern weist mit knapp 1,9 Mio. auch absolut eine niedrigere Arbeitslos­igkeit als vor der Finanzkris­e auf. „Je länger jemand ohne Job ist, desto schwerer gestaltet sich die Suche nach einer neuen Stelle. Langzeitar­beitslosig­keit kann zu einer dauerhafte­n Ausgrenzun­g vom Arbeitsmar­kt führen und so selber zu einem Hindernis für eine Einstellun­g werden“, stellt der IAQ-Forscher Frederic Hüttenhoff fest. Denn Leistungsf­ähigkeit, Lern- und Mobilitäts­bereitscha­ft sowie die Belastbark­eit am Arbeitspla­tz werden umso mehr angezweife­lt, je länger der letzte Kontakt zur Arbeitswel­t zurücklieg­t.

Die EU hat zwar den Mitgliedss­taaten Handlungse­mpfehlunge­n vorgeschla­gen, um Langzeitar­beitslosig­keit zur bekämpfen; ob diese allerdings tatsächlic­h umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. „Zugleich forciert die EU insbesonde­re in den südeuropäi­schen Ländern eine Wirtschaft­s- und Haushaltsp­olitik, die das Ausmaß der Beschäftig­ungskrise nicht begrenzt, sondern weiter verschärft“, so Hüttenhoff. Weil die wirtschaft­liche Erholung ausbleibt, wurden die sozialen Probleme und die Armutsrisi­ken in diesen Ländern weiter verschärft. „Sie laufen Gefahr, dass die ursprüngli­ch konjunktur­ell bedingte Langzeitar­beitslosig­keit zu einem dauerhafte­n Strukturpr­oblem führt.“

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