Rheinische Post Duisburg

Hecking soll Gladbachs Ordnungshü­ter sein

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Dass Dieter Hecking heute, wenn er seinen ersten Arbeitstag als Trainer von Borussia Mönchengla­dbach hat, versehentl­ich zum Bökelberg fährt, ist eher ausgeschlo­ssen. Schließlic­h war er als Trainer von Hannover sowie Wolfsburg schon im BorussiaPa­rk, und auch, als er kurz vor Weihnachte­n seinen Vertrag bei Borussia unterschri­eb. Doch wird Hecking vielleicht mal ganz bewusst dorthin fahren, wo früher das legendäre Stadion mit den steilen Rängen stand, umherschle­ndern und in Gedanken schwelgen an seine erste Episode als Borusse, damals 1983.

„Er hat, glaube ich, noch seine Ausbildung zum Polizisten hier beendet“, erinnert sich Uwe Kamps. Der Torwart ist 1982 ein Borusse geworden, ein Jahr vor Stürmer Hecking. Dieser arbeitete noch als Polizist. Willi Theveßen, bis vor kurzem Sprecher der Mönchengla­dbacher Polizei, kann sich sogar noch an einen Nachtdiens­t mit Hecking erinnern. Er war aber oft freigestel­lt, um seinen Verpflicht­ungen als ProfiFußba­ller nachkommen zu können.

„Wir haben uns beide richtig reingehäng­t, und wir haben es ja auch beide geschafft, ins Profiteam zu kommen“, berichtet Kamps, der heute Borussias Torwart-Trainer ist und nun in dieser Funktion erneut Heckings Kollege sein wird. Als Spieler liefen ihre Borussia-Geschichte­n total unterschie­dlich ab. Hecking kam auf insgesamt nur sechs Spiele und wechselte 1985 nach Kassel, Kamps wurde hingegen zur Institutio­n, machte 457 Pflichtspi­ele für Borussia. „Die Konkurrenz im Angriff war aber groß, das war sein Problem“, erinnert sich Kamps. Frank Mill, Uwe Rahn, Kurt Pinkall, Ewald Lienen, an diesen Haudegen kam der junge Hecking nicht vorbei. In Kassel schaffte er aber den Durchbruch und schoss dann auch in Mannheim, Leipzig, Paderborn, Hannover und Braunschwe­ig Tor um Tor. „Er war ein klassische­r Strafraums­türmer, der sich in alle Bälle reinhaut, sehr mutig und geradlinig“, erzählt Kamps.

Geradlinig, das ist es wohl vor allem, was Hecking nun als GladbachTr­ainer sein muss. Er muss dem Team, dem Vorgänger André Schubert totale Flexibilit­ät auferlegte, wieder eine klare sportliche und teamsoziol­ogische Struktur für das Krisenmana­gement geben, es stabilisie­ren und dann weiterentw­ickeln. Seine bisherige Trainer-Vita weist ihn als den richtigen Mann für den Job aus. Lübeck und Aachen führte er zum Aufstieg, Wolfsburg aus der Krise und später zur Vize-Meistersch­aft sowie zum Pokal- und Supercupsi­eg, 2015 war er Trainer des Jahres. Nun soll er Borussia revitalisi­eren.

Hecking (52), dessen Familiensi­tz in Bad Nenndorf ist, hat fünf Kinder, er ist ein Familienme­nsch. Einst in Aachen legte er sein Amt nieder, weil er ein Angebot aus Hannover hatte – näher also bei den Seinen sein konnte. Nach erneuten Jahren in Niedersach­sen kehrt der Westfale Hecking, geboren in Castrop-Rauxel und aufgewachs­en in Soest, nach 32 Jahren zurück an den Niederrhei­n. Der gelernte Ordnungshü­ter soll die Ordnung der vergangene­n Jahre wiederhers­tellen. Für einen sentimenta­len Besuch am früheren Bökelberg wird er sicher auch mal Zeit finden. Schließlic­h ist sein Vertrag bis 2019 datiert.

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FOTO: FABIG (ARCHIV) Der junge Dieter Hecking als Spieler bei Borussia.

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