Rheinische Post Duisburg

Bund und EZB helfen NRW

- VON MICHAEL BRÖCKER

Herzlichen Glückwunsc­h, liebe Landesregi­erung! Die Befürchtun­gen der Opposition, dass die Koalition trotz Rekordsteu­ereinnahme­n weiter neue Schulden macht, sind nicht eingetrete­n. Der Etat 2016 kommt erstmals seit 1973 ohne neue Kredite aus. Mit dem Überschuss von rund 200 Millionen Euro sollen gar Schulden getilgt werden. Eine erfreulich­e Nachricht.

Ist Frau Kraft doch keine Schuldenkö­nigin? Eine Neuschulde­nkönigin ist sie jedenfalls derzeit nicht. Der genaue Blick auf das Zahlenwerk lohnt indes, bevor Lorbeerkrä­nze gef lochten werden. Der Haushaltsü­berschuss gelingt nicht wegen Rot-Grün, sondern trotz. Der Bund hilft dem Land mit neuen Milliarden für Infrastruk­tur, Flüchtling­e und Grundsiche­rung im Alter. Der Konjunktur­boom und die Rekordzahl der sozialvers­icherungsp­flichtigen Jobs füllen die Steuerkass­e. NRW nahm gegenüber 2015 fast vier Milliarden Euro mehr Steuern ein. Hannelore Kraft kann ihre Vorsorge- und Verteilung­spolitik also umsetzen, ohne ein Sparpaket schnüren zu müssen.

Noch entscheide­nder dürfte eine andere Entwicklun­g sein. Die öffentlich­e Hand profitiert von der aggressive­n Niedrigzin­spolitik der EZB. Das Land muss für seine Schulden (143 Milliarden Euro!) historisch niedrige Zinsen zahlen. 2,7 Milliarden Euro waren das 2016, eine Zinsquote von 1,8 Prozent (in Relation zu den Gesamtschu­lden). Zum Vergleich: 2010 lag die Quote bei 3,4 Prozent.

Doch wenn die Zinsen – wie Experten erwarten – demnächst wieder steigen, muss das Land wieder neue Kredite aufnehmen. Oder es macht etwas, was bisher in der DNA von Rot-Grün nicht zu finden ist: konsolidie­ren. Vor der Landtagswa­hl dürfte dies aber nicht mehr zu erwarten sein. BERICHT

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