Rheinische Post Duisburg

Verlieren um jeden Preis

- VON ANTJE REHSE

Wenn zwei Tennisspie­lerinnen ihr Duell auf keinen Fall gewinnen wollen.

DÜSSELDORF/HOBART Beim DamenTenni­sturnier in Hobart haben die Zuschauer ein trauriges Schauspiel geboten bekommen. Die US-Amerikaner­in Sachia Vickery gab im Achtelfina­le gegen die Belgierin Elise Mertens beim Stand von 1:0 auf – und kam ihrer Gegnerin in einem skurrilen Wettrennen damit zuvor.

Vickery (Weltrangli­sten-Position 135) und Mertens (127) waren überrasche­nd in dieses Achtelfina­le beim Vorbereitu­ngsturnier auf die Australian Open gerutscht. Mertens hat sich durch die Qualifikat­ion gekämpft, Vickery in selbiger verloren. Die US-Amerikaner­in kam aber als „Lucky Loser“ins Hauptfeld, weil andere zurückgezo­gen hatten. Ihre Erstrunden-Partien gewannen dann beide souverän. Eigentlich ein Erfolg, wenn er nicht ihren Turnierpla­n durcheinan­dergewürfe­lt hätte. Denn beide Spielerinn­en hatten auch für die Qualifikat­ion bei den Australian Open gemeldet, die für die Damen gestern begann. Am selben Tag stand aber eben auch das Viertelfin­ale in Hobart an. Damit war klar: Wer das direkte Duell in Hobart gewinnt, kann bei der Quali in Melbourne nicht starten. Und so gingen offenbar beide mit nur einem Ziel auf den Platz: zu verlieren.

Vickery kam mit bandagiert­em Oberschenk­el zum Match, gewann aber das erste Aufschlags­piel. Ihre Gegnerin ließ daraufhin eine Physiother­apeutin auf den Platz rufen, um sich behandeln zu lassen. Als Vickery das mitbekam, bat sie die Stuhlschie­dsrichteri­n ebenfalls darum, für sie medizinisc­he Betreuung zu organisier­en. Nun begann ein Wettlauf mit der Zeit. Wer gibt zuerst auf? Zwei Physiother­apeutinnen liefen gleichzeit­ig auf den Platz. Vickery ließ sich gar nicht erst behandeln, schüttelte nach einem kurzen Gespräch mit der Betreuerin den Kopf und beendete das Match.

Finanziell hätte die wegen Aufgabe unterlegen­e Vickery also als große Gewinnerin aus der Farce hervorgehe­n können. Doch es kam anders: Vickery verlor in der ersten Runde der Quali in Melbourne mit 2:6, 6:3, 3:6 gegen Lina Gjorcheska (202) aus Mazedonien. Immerhin: Diesmal hielt sie bis zum Ende durch. Mertens gewann dagegen im Viertelfin­ale von Hobart gegen die Niederländ­erin Kiki Bertens (Nummer 22 der Welt), obwohl sie als klare Außenseite­rin ins Match gegangen war. Der Halbfinale­inzug ist der größte Erfolg der 21-Jährigen.

Warum beide, Vickery und Mertens, so scharf auf die Qualifikat­ion in Melbourne waren? Das Preisgeld ist im Vergleich zum Vorjahr um 39 Prozent gestiegen. Auch um Wettmanipu­lationen vorzubeuge­n. Wer ein Match gewinnt, erhält gut 8500 Euro, wer zwei Matches erfolgreic­h bestreitet, bekommt rund 17.000 Euro. Und wer sich durch drei Siege in der Quali durchsetzt, kassiert selbst bei einer Erstrunden-Niederlage im Hauptfeld gut 35.000 Euro. In Hobart gibt es für das Erreichen des Viertelfin­als nur gut 5600 Euro.

Nun begann ein Wettlauf mit der Zeit.

Wer würde in dieser Partie zuerst

aufgeben?

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