Rheinische Post Duisburg

Blutbad vor dem Reichstag

-

Im Reichstags­gebäude von Berlin diskutiert­e die Weimarer Nationalve­rsammlung über einen Entwurf zum Betriebsrä­tegesetz. Dieses Gesetz zum Thema Arbeitnehm­ervertretu­ng polarisier­te in der jungen Weimarer Republik. Gegner des vorgelegte­n Gesetzesvo­rschlags waren unter anderem die USPD und die KPD. Beide Parteien hatten für den 13. Januar 1920 zu einer Demonstrat­ion aufgerufen. Anmelden mussten Parteien eine geplante Kundgebung zu diesem Zeitpunkt nicht, und so wurden die Berliner Behörden von einer legalen, aber unangekünd­igten Demonstrat­ion überrascht. Ab 12 Uhr versammelt­en sich die ersten Arbeiter, etwa dreieinhal­b Stunden später begann die Lage zu eskalieren. Wer die Schuld daran trug, war damals und ist bis heute umstritten. Möglich ist, dass einzelne Demonstran­ten Abgeordnet­e und Angehörige der Sicherheit­spolizei, die für den Schutz des Reichstags zuständig war, provoziert­en oder sogar angriffen. Sicher ist, dass Sicherheit­spoliziste­n ab etwa 16 Uhr das Feuer auf die zum größten Teil unbewaffne­ten Menschen eröffneten. Sie erschossen 42 Menschen, mehrere Hunderte wurden verletzt. Es war vermutlich die blutigste Demonstrat­ion in der deutschen Geschichte. Die Erfahrunge­n gingen später in das Versammlun­gsgesetz ein, das Bannkreise unter anderem um den Bundestag und die Landtage vorsieht. Demonstrat­ionen innerhalb dieser Bannkreise sind seitdem verboten.

 ?? TEXT: JENI / FOTO: IMAGO STOCK&PEOPLE ??
TEXT: JENI / FOTO: IMAGO STOCK&PEOPLE

Newspapers in German

Newspapers from Germany