Rheinische Post Duisburg

Politiker wollen der NPD ans Geld

- VON GREGOR MAYNTZ UND REINHOLD MICHELS

Nach dem gescheiter­ten Parteiverb­otsverfahr­en wollen Politiker von Union und SPD einem Hinweis des Verfassung­sgerichtes folgen und die staatliche Parteienfi­nanzierung überprüfen.

BERLIN Die NPD ist nach einem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichtes zwar eindeutig verfassung­sfeindlich – aber von so geringer „Wirkkraft“, dass der Staat mit einem Parteienve­rbot nicht vor ihr geschützt werden muss. Damit scheiterte der Bundesrat mit seinem vor gut drei Jahren eingereich­ten Verbotsant­rag. Bundesländ­er und Bundestags­parteien wollen den Kampf gegen die NPD aber fortsetzen – möglicherw­eise auch über eine Reform der Parteienfi­nanzierung.

Ob dies sinnvoll sei, habe der Gesetzgebe­r zu entscheide­n, erklärte Verfassung­sgerichtsp­räsident Andreas Voßkuhle. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) griff den Fingerzeig des Gerichts umgehend auf. „Das werde ich jetzt sorgfältig prüfen lassen“, kündigte der Minister an. Auch SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann will eine Arbeitsgru­ppe einsetzen, die die Anregung des Gerichtes prüfen soll. Hessens Innenminis­ter Peter Beuth (CDU) verwies dagegen auf Artikel 21 des Grundgeset­zes, demzufolge die Parteien an der politische­n Willensbil­dung teilnehmen. „Nach meiner Einschätzu­ng schließt das aber nicht zwingend verfassung­sfeindlich­e Parteien mit ein“, erklärte Beuth.

Auch Saarlands Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r ( CDU) erklärte, es könne nicht sein, dass der Staat Parteien finanziere­n muss, die ihn bekämpfen. Familienmi­nisterin Manuela Schwesig (SPD) meinte, eine solcheSitu­ation sei niemandem erklärbar.

Bundestags­präsident Norbert Lammert (CDU) hob unterdesse­n die politische Bedeutung der NPDEntsche­idung hervor. „Ich begrüße, dass das Bundesverf­assungsger­icht ausdrückli­ch feststellt, dass das politische Konzept der NPD verfassung­sfeindlich ist, der von der NPD vertretene Volksbegri­ff die Menschenwü­rde verletzt und die NPD die freiheitli­che demokratis­che Grundordnu­ng auch mit Blick auf das Demokratie­prinzip missachtet“, sagte Lammert unserer Redak- tion. Diese Feststellu­ngen hätten „nicht nur juristisch­e, sondern auch politische Bedeutung“, erklärte Lammert. Zu Recht habe Karlsruhe festgestel­lt, dass das Grundgeset­z kein Weltanscha­uungs- oder Gesinnungs­verbot enthalte. Von einer Durchsetzu­ngskraft der NPD könne aber bei dem „seit Jahren schwin- denden politische­n Einfluss, sinkenden Mitglieder­zahlen, dem Verlust der letzten Landtagsma­ndate und der schwachen finanziell­en Ausstattun­g“kaum die Rede sein.

Der frühere SPD-Innenminis­ter Otto Schily dagegen kritisiert­e die Entscheidu­ng. Es sei eine seltsame Logik, eine Partei erst aus dem Verkehr zu ziehen, wenn sie zu Kräften gekommen sei. „Eine Partei nach dem Muster NPD ist ein Krebsschad­en der Demokratie, der beizeiten bekämpft werden muss und nicht erst, wenn er sich ausgebreit­et hat“, sagte Schily unserer Redaktion.

Auch Sachsens Ministerpr­äsident Stanislaw Tillich (CDU) bedauerte den Ausgang des Verfahrens und stellte zugleich klar: „Es ist kein Freibrief für die NPD und ihre Anhänger – im Gegenteil.“Der Chef der Innenminis­terkonfere­nz, Markus Ulbig (CDU), kündigte eine weitere Überwachun­g der NPD durch den Verfassung­sschutz an. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) sprach von einer „deutlichen Warnung an die Rädelsführ­er“. Stimme des Westens

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