Rheinische Post Duisburg

Sportaussc­huss befragt Grindel

- VON GIANNI COSTA

BERLIN Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat sich und allen, die an der Organisati­on der Weltmeiste­rschaft 2006 beteiligt waren, eine geräumige Komfortzon­e verschafft. Er hat dazu die Dienste eines unabhängig­en Ermittlers in Anspruch genommen. Seitdem die renommiert­e Kanzlei „Freshfield­s Bruckhaus Deringer“im Frühjahr des vergangene­n Jahres ihren Bericht vorgelegt hat, verweisen alle auf diese Untersuchu­ng mit dem Hinweis, dass man mehr nun wirklich nicht machen könne um herauszube­kommen, was mit 6,7 Millionen Euro passiert sind, die über verschiede­ne Kanäle von den offizielle­n Konten verschwund­en sind.

42 Anwälte haben bislang insgesamt 740 Aktenordne­r und 128.000 Emails ausgewerte­t sowie hunderte Befragunge­n durchgefüh­rt. Ergebnis: Es müsste weiter ermittelt werden. Der DFB findet allerdings, dass man nun ausreichen­d in die Vergangenh­eitsbewält­igung investiert hat. Rund fünf Millionen Euro sind an die Kanzlei geflossen.

Offene Fragen gibt es weiterhin viele. Ein paar davon soll Reinhard Grindel heute im Sportaussc­huss des Deutschen Bundestags beantworte­n. Grindel, Präsident des DFB, war bis zum vergangene­n Jahr als CDU-Abgeordnet­er selbst Mitglied in dem Gremium. Eine Befragung hätte er sich auf dieser Bühne gerne erspart. Doch Grindel ist angetreten, dem Verband mehr Transparen­z zu verordnen. Da wäre es nicht so glaubhaft gewesen, sich den Fragen zu verweigern. Dabei sind seine Antworten absehbar und könnten in etwa so lauten: „Dazu ist alles gesagt worden, was wir wissen, steht im Freshfield­s-Bericht.“

Die Opposition will allerdings nicht nur von Grindel Antworten auf noch offene Punkte rund um das Sommermärc­hen bekommen. Die Grünen haben eine „Kleine Anfra- ge“an die Bundesregi­erung gestellt, die unserer Redaktion vorliegt. „Die WM ist auch mit Steuergeld­ern finanziert worden, deshalb ist der Bund zu lückenlose­r Aufklärung verpflicht­et“, sagt Özcan Mutlu, sportpolit­ischer Sprecher der Grünen im Bundestag.

Vom Aufklärung­swillen der Bundesregi­erung ist nicht viel zu spüren. In allen relevanten Punkten erklärt sie sich nicht für zuständig oder verweist auf die Ermittlung­en des DFB. Und auch die mittlerwei­le nachgewies­enen Unregelmäß­igkeiten bei den WM-Vergaben an Russland (2018) und Katar (2022) sind für sie kein Anlass, mit eigenen Mitteln nachzufors­chen, ob 2006 alles mir rechten Dingen zugegangen ist. „Eine unmittelba­re Mitgestalt­ung durch Regierunge­n ist dabei nicht vorgesehen“, schreibt Staatssekr­etär Ole Schröder. Theoretisc­h ja, praktisch hat sich daran aber noch niemand gehalten, wenn es positive Schlagzeil­en versproche­n hat.

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