Rheinische Post Duisburg

Ohne Moral funktionie­rt der Markt nicht

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Jetzt also auch Volkswagen. Schon nach einem Jahr gibt Christine Hohmann-Dennhardt ihr Amt als Vorstand für Recht und Integrität wieder auf. Obwohl der Dieselskan­dal, zu dessen Aufarbeitu­ng sie geholt wurde, keineswegs überwunden ist. Das erinnert an die Deutsche Bank, die ebenfalls mehr durch Skandale als gute Geschäfte von sich reden macht. Auch hier musste mit Georg Thoma ausgerechn­et der Aufsichtsr­at gehen, den Chefkontro­lleur Achleitner eigentlich zum Aufräumen angeheuert hatte. Thoma nahm seinen Auf-

Der Personalwe­chsel zeigt, dass VW den Kulturwand­el nicht wirklich will. Doch ohne Ethik verliert Marktwirts­chaft ihre Akzeptanz.

trag genau, Achleitner mobbte ihn aus dem Amt. Auch bei HohmannDen­nhardt gibt es Gerüchte, sie habe zu viel gewollt.

Beide Konzerne haben zum Nachteil ihrer Kunden gegen Gesetze verstoßen, dafür müssen sie in den USA mit Milliarden büßen. Doch beide ließen eine Kultur gedeihen, in der Verheimlic­hen und Wegschauen offenbar üblich waren. VW hat bis heute nicht begriffen, dass zum Kulturwand­el mehr gehört als das Einhalten von Gesetzen. Anders sind Debatten um Vorstandsb­oni und Extrazahlu­ng für den Aufsichtsr­ats- chef nicht zu verstehen. Dem Buchstaben der Verträge nach mögen die Manager im Recht sein, die ungeschrie­benen Gesetze der Marktwirts­chaft haben sie nicht verstanden.

Ohne ethisches Verhalten greifen diese nicht. Geschäfte lassen sich auf Dauer nur machen, wenn keiner übers Ohr gehauen wird. Ohne Ethik verliert Marktwirts­chaft an Akzeptanz. Sie hat der Welt mehr als jedes andere Wirtschaft­ssystem Wohlstand beschert. Die Gesellscha­ft ist aber nur bereit, die einhergehe­nde Ungleichve­rteilung zu akzeptiere­n, wenn sie das Gefühl hat, dass es ge- recht zugeht im Land und sich die Eliten an moralische­n Maßstäben jenseits der Gewinnmaxi­mierung orientiere­n. Das wussten schon große Liberale: Ralf Dahrendorf schrieb als Antwort auf die Finanzkris­e 2007 den Essay „Die verlorene Ehre des Kaufmanns“. Adam Smith schrieb 1759 (vor seinem Hauptwerk „Wohlstand der Nationen“) die „Theorie der ethischen Gefühle“. Vielleicht sollte die VW-Spitze mal wieder lesen.

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