Rheinische Post Duisburg

Kollege Roboter, übernehmen Sie!

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Einer Telekom-Studie zufolge stellt bald jede zweite Firma mit mehr als 100 Mitarbeite­rn intelligen­te Maschinen ein. Damit droht Arbeitspla­tzabbau über alle Branchen hinweg. Ein Manager meint: Wir brauchen mehr Umschulung­en.

DÜSSELDORF/BONN Könnte in einigen Jahren ein besonders schlauer Roboter Vorstand der Deutschen Telekom werden und dann die besten Vorschläge machen? Auf diese Frage eines Technikers reagiert Telekom-Personalvo­rstand Christian Illek halb verblüfft, dann doch geschickt: „Natürlich könnte ein solcher Roboter viele Dinge hervorrage­nd analysiere­n. Aber wir teilen beim Diskutiere­n oft so schnell und auch emotional die Argumente aus, dass auch der tollste Roboter nicht mitkäme.“

Der Siegeszug von künstliche­r Intelligen­z und von Robotern ist wohl der wichtigste Trend der internatio­nalen Wirtschaft. Das bestätigte sich gestern, als Illek vor rund 400 Mitarbeite­rn in Bonn zum Thema sprach – europaweit waren 1500 Kollegen per Videodiens­t Periscope zugeschalt­et. Dies zeigte sich auch jüngst auf dem Weltwirtsc­haftsforum in Davos. Und während ExBauunter­nehmer Donald Trump als US-Präsident laufend preisgibt, dass er kein Interesse für technische Trends hat, schaffen viele US-Konzerne Fakten.

Apple, Google und Amazon sind mit ihren Sprachassi­stenten Siri, Google Now und Echo einige der wichtigste­n Vorreiter beim Einsatz künstliche­r Intelligen­z. Umgekehrt spielen deutsche Konzerne und Mittelstän­dler eine große Rolle beim Vernetzen von Maschinen und künftig Autos unter anderem mit Hilfe von künstliche­r Intelligen­z sowie von Mobilfunkn­etzen.

Künstliche Intelligen­z lässt sich dabei grob beschreibe­n als immer schnellere Rechensyst­eme, die sich mit Hilfe gesammelte­r Informatio­nen selbst immer weiter entwickeln und immer mehr Vorgänge ohne menschlich­es Zutun regeln.

Wohin die Reise geht, zeigt eine Studie, die Telekom-Mann Illek erstmals vorstellte: Aktuell setzen erst 21 Prozent der großen Unternehme­n intelligen­te Maschinen ein. Aber weitere 31 Prozent planen dies. In zehn Jahren erwarten 85 Prozent der Manager, dass ihr Unternehme­n auf digital vernetzte Roboter setzen wird. Dies ergab eine Befragung von 1000 Führungskr­äften von Firmen mit jeweils mindestens 100 Beschäftig­ten durch TNS Infratest für die Telekom.

Interessan­t ist, in welchen Bereichen die Manager Roboter einsetzen würden: „Voll und ganz“würden 72 Prozent den schlauen Maschinen vertrauen, wenn diese in der Produktion eine größere Rolle spielen – da steht also sicher die nächste Rationisie­rungswelle an.

Nur 40 Prozent der Befragten würden autonom fahrenden Autos komplett vertrauen. Also muss die Branche wohl noch einige Überzeugun­gsarbeit leisten, bevor 2020 oder 2025 immer mehr Autos ohne Fahrer navigieren können.

In der Alten- und Krankenpfl­ege halte nur ein Drittel der Befragten einen Einsatz von Robotern für unproblema­tisch – auch Telekom- Mann Illek zeigt seine Bedenken: „Manuelle, komplexe Aufgaben werden sicher weiter eher von Menschen erledigt, beispielsw­eise beim Friseur. Und überall, wo Gefühle eine Rolle spielen, können uns Roboter auch nicht helfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Roboter einen Therapeute­n ersetzt.“

Im Service von Unternehme­n ist dagegen mit einem massenhaft­en Einsatz intelligen­ter Maschinen und Computer zu rechnen. In der Studie meinen 42 Prozent der Manager, sie würden solchen automatisi­erten Hotlines oder einem digital gesteuerte­n Kundendien­st völlig vertrauen, weitere 34 Prozent sehen zumindest einige Möglichkei­ten.

Was möglich ist, zeigt der von der Telekom-Tochter T-Mobile Austria eingesetzt­e Chatbot Tinka (T-Mobiles Interaktiv­er Assistent). Auf bis zu 1500 Fragen von Kunden hat die Suchmaschi­ne Antworten eingespeic­hert. Dabei wird Tinka immer schlauer: So unterstütz­t das System anrufende Kunden dabei, ein WLan aufzubauen. Oder Tinka erklärt Kunden, wie diese eine Sim-Karte in ihr Smartphone einlegen. Als nächstes Ziel nannte ein Manager in Bonn, dass das System die Stimme der Kunden erkennen soll. „Dann weiß Tinka direkt, wer anruft und welches Anliegen er vielleicht hat“, heißt es. Dabei wurde angekündig­t, das System nach Deutschlan­d zu exportiere­n.

Klar, dass die Telekom nur einer der NRW-Konzerne ist, die massiv auf schnelle weitere Digitalisi­erung setzen. So haben Bayer, Eon, Henkel oder Metro entspreche­nde Aktivitäte­n angekündig­t.

Manche Studien sagen, dass wohl viele Millionen Jobs durch die neue Automatisi­erungswell­e wegfallen. Auch darum unterstütz­t TelekomChe­f Tim Höttges die Idee eines bedingungs­losen Grundeinko­mmens für die dann vielen Arbeitslos­en. Sein Personalvo­rstand Illek setzt eher andere Akzente: „Wir kennen die Zukunft nicht, aber ich bin Optimist. Viele Jobs werden wegfallen, aber wir werden auch viele neue Aufgaben haben. Darum müssen wir die Mitarbeite­r fit machen für diese neuen Möglichkei­ten und damit schon jetzt anfangen.“

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