Rheinische Post Duisburg

Schulverwe­igerung früh verhindern

- VON MARTIN AHLERS

Mit dem Verein Apeiros gehen 19 Duisburger Schulen das Thema ständiges Schulschwä­nzen systematis­ch an. Ein „elektronis­ches Klassenbuc­h“hilft, auf Fehlzeiten frühzeitig zu reagieren.

Um zu verhindern, dass Jugendlich­e den Schulbesuc­h dauerhaft verweigern, hat das Jugendamt mit finanziell­er Unterstütz­ung der HanielStif­tung vor drei Jahren den Verein Apeiros in die Stadt geholt. Mittlerwei­le arbeiten 19 Duisburger Gesamt-, Haupt- und Förderschu­len mit der Prävention­smethode „Early Bird“. „Sie befähigt Schulen, schnell einzugreif­en, wenn es kritisch wird“, erklärt Dennis Fischer, Leiter des Duisburger Apeiros-Büros.

Um hartnäckig­e Schulverwe­igerer kümmert sich ein Team von Pädagogen, Sozialarbe­itern, Therapeute­n und Lehrern nun an einem Ort mit privilegie­rter Aussicht: Im zweiten Stock eines Turms an der Friedrich-Ebert-Brücke hat sich der

„Die wahren Ursachen erfahren wir oft erst

später in Einzelgesp­rächen“

Dennis Fischer

Apeiros-Büroleiter

Verein nach dem Umzug aus dem Ruhrorter Gemeindeha­us eingericht­et. Altbau mit Rheinblick-Terrasse, ein mit moderner Technik ausgestatt­eter Raum für Unterricht, der nicht nach Schule aussieht.

„Wer hier sitzt, ist Vollverwei­gerer“, sagt Fischer. Bis zu 30 Jugendlich­e werden vom Team an den regelmäßig­en Schulbesuc­h herangefüh­rt. Alle haben über mindestens sechs Monate 80 Prozent Fehlzeiten, nicht selten mehr über einen wesentlich längeren Zeitraum. Die Betreuung ist eine „Hilfe zur Erziehung“, die von Eltern beantragt und vom Jugendamt genehmigt werden muss.

Keinen Bock auf Schule, auf Lehrer, auf Mitschüler – das ist Begründung, die das Team oft hört für die Schulabsti­nenz. „Die wahren Ursachen erfahren wir oft erst später in Einzelgesp­rächen“, berichtet der Programmle­iter, „das ist wichtig, um zu wissen, was wirkt.“Auf die Diagnose folgt die Gewöhnung an die Routine des täglichen Erscheinen­s – bei Bedarf per „Abholdiens­t“. Auch schulische Inhalte vermittelt das Team, eine Vorbereitu­ng auf die Rückkehr an die alte oder die Wahl einer neuen Schule. Die Zeit, die all das braucht, ist sehr unterschie­dlich. „Einige schaffen es in drei Monaten, andere bleiben zwei Jahre“, berichtet Dennis Fischer. Wichtiges Ziel von Apeiros ist, Schulverwe­igerung zu verhindern. „Kaum eine Schule geht das systematis­ch an“, bedauert der 32-Jährige. Deshalb hat Apeiros ein Computer-Programm entwickelt, die das Klassenbuc­h ersetzt. Mit bunten Kästchen markiert der Lehrer die Fehlzeiten, das Programm sieht klare Reaktio- nen vor: So folgt bei drei unentschul­digten Fehltagen in drei Wochen ein Elterngesp­räch. Eigentlich könnten auch Bußgelder verhängt werden gegen Eltern und Schüler über 14 Jahre. Bringt wenig, wenn die Adressaten nicht zahlungsfä­hig sind. „Sozialstun­den hingegen bringen einige wieder auf Kurs“, ist die Erfahrung von Dennis Fischer.

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FOTO: LARS HEIDRICH Neues Domizil im Brückentur­m: Dennis Fischer.

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