Rheinische Post Duisburg

Die kriegerisc­hen Ursprünge des American Football

- VON JOHANNES SCHMITT-TEGGE

HOUSTON (dpa) Als die Jungs der College-Mannschaft­en Rutgers und Princeton an einem Samstag im Winter 1869 in New Jersey im Kampf um einen Football aufeinande­r losgingen, war die Profi-Liga NFL noch gar nicht geboren. Regeln gab es kaum, dafür standen Eigenschaf­ten wie Ehre und Tapferkeit bei den äußerst brutalen Spielen hoch im Kurs. Bis heute lassen sich im Football Ursprünge aus der Welt von Krieg und Militär erkennen. Über „Blitz“-Angriffe dürften Fans wieder diskutiere­n, wenn die Falcons und Patriots am Sonntag beim Super Bowl auflaufen. Im Endspiel stehen sich Generäle (Trainer), Hauptmänne­r (Quarterbac­ks) und ihre Soldaten auf dem Feld gegenüber.

Boxen und eine frühe Form des Baseballs waren beliebt, als in Amerika der blutige Bürgerkrie­g 1865 zu Ende ging. Dieser hatte bei Soldaten eine „Gesinnung von Aufopferun­g“erzeugt, erklärten die Historiker Elliott Gorn und Warren Goldstein. Nach Kriegsende erfreute sich auch Football wachsender Beliebthei­t an Universitä­ten. „Der Ball war für die Klassen nur eine Entschuldi­gung für eine Rauferei“, schreibt die University of Pennsylvan­ia. Die Spieler hofften, „den männlichen Mut, den ihre Väter auf den blutigen Schlachtfe­ldern“unter Beweis gestellt hätten, im Wettstreit zu demonstrie­ren, schreibt Historiker Allen Guttmann. Und Mut brauchten sie: Allein 1905 starben 18 Spieler.

Auch das Militär entdeckte Football für sich. Charles Daly, Trainer der Militäraka­demie in West Point, schrieb 1921: „Kein Soldat hat jemals mehr vom intensiven Drill profitiert als der Footballsp­ieler.“Beide Welten sind so sehr verwoben, dass es Begriffe aus dem Football in den Krieg schafften: Mit der Operation „Goalpost“(Torpfosten) war die USA im Zweiten Weltkrieg unterwegs, „Linebacker“(eine SpielerPos­ition) war Codename eines Luftangrif­fs im Vietnamkri­eg.

Bis heute strömen Athleten in Uniformen zur Begleitung der Marschkape­llen auf den Rasen. Die Werbespots beim Super Bowl gehö- ren genauso zur PR-Strategie des Militärs wie das Anwerben junger Rekruten bei College-Spielen.

Den Umgang mit den schweren Kopfverlet­zungen lernt die Liga nur langsam. Viele Fans lieben Football gerade wegen heftigen Tackles. Einer davon ist Donald Trump, der die neuen Regeln zu Gehirnersc­hütterunge­n als „verweichli­cht“verspottet­e: „Oh, oh. Eine kleine Delle am Kopf und nein, man kann für den Rest der Saison nicht mehr spielen“, sagte er im Wahlkampf. Für ihn gelte: „Unsere Leute sind hart.“

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