Rheinische Post Duisburg

Die Griechenla­nd-Krise ist zurück

- VON BIRGIT MARSCHALL

Noch-SPD-Chef Gabriel und Finanzmini­ster Schäuble streiten per Brief über neue Schuldener­leichterun­gen für Athen. Die Hardliner in der Union fordern den Austritt des reformunwi­lligen Euro-Mitglieds – trotz des Wahljahres.

BERLIN Die drohende Rückkehr der Griechenla­nd-Krise führt zwischen den Berliner Regierungs­parteien zu wachsenden Spannungen. Das verrät ein Briefwechs­el zwischen dem scheidende­n SPD-Vorsitzend­en Sigmar Gabriel und Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vom Jahresbegi­nn, über den zuerst das „Handelsbla­tt“berichtete.

In einem Schreiben an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warf Gabriel dem Kollegen Schäuble demnach eine zu harte Haltung gegenüber Griechenla­nd vor. Berlin solle lieber „eine konstrukti­ve Rolle einnehmen“, damit sich die Lage in Europa in diesem Frühjahr nicht wieder zuspitze, forderte Gabriel – und schlug vor, die Auflagen für Griechenla­nd zu lockern. Er schlug vor, das Primärüber­schuss-Ziel ab 2018 für Griechenla­nd von 3,5 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s auf drei Jahre zu begrenzen. Danach könnte es reduziert werden, ohne dass ein Schuldensc­hnitt nötig werde.

Merkel überließ Schäuble die Beantwortu­ng des Schreibens. Dieser konterte, eine Lockerung der Sparauflag­en würde die Geldgeber teuer zu stehen kommen. Denn je geringer die Etatübersc­hüsse in Athen, desto weniger könne es seine langfristi­gen Schulden selbst abtragen und desto höher müssten später die Schuldener­leichterun­gen der Geldgeber ausfallen. Nach Berechnung­en des Finanzmini­steriums würde Deutschlan­d dadurch 100 Milliarden Euro verlieren. Das sei nicht im deutschen Interesse, so Schäuble.

Dass die Regierung nicht an einem Strang ziehe, hat die Bundesregi­erung gestern zurückgewi­esen. Doch das Griechenla­nd-Problem bleibt auch im achten Jahr ungelöst. Anders als andere Krisenländ­er wie Portugal hat Hellas zugesagte Reformen nicht oder nur zum Teil umgesetzt. Im Sommer droht nun eine ähnliche Zuspitzung wie Mitte 2015, als Griechenla­nd unmittelba­r vor dem Euro-Ausscheide­n stand – was Schäuble damals befürworte­t hatte, Merkel dagegen verhindert­e. Denn im Juni werden für Athen wieder Milliarden-Rückzahlun­gen fällig.

Es ist daher kaum zu verhindern, dass Griechenla­nd den Bundestags­wahlkampf beeinfluss­t. Die SPD steht dabei auf der Seite derer, die wie der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) einen Schuldener­lass

fällige Zahlungen bis Juni 2017 in Mrd. Euro

10.2. 27.2.

3.3. 10.3. 17.3. 17.3. 4.4. 7.4. 18.4. 20.4. 20.4. 5.5. 9.6.

0,145 0,048

0,168

1,0

1,2

1,4

1,4

1,4

1,4

1,6 1,6 1,6

2,0

fordern. Die Union will das verhindern. Doch kommt ein Euro-Austritt für Merkel nicht in Frage. Darauf spekuliert der griechisch­e Ministerpr­äsident Alexis Tsipras.

„Wer die Rechtspopu­listen Petry in Deutschlan­d, Wilders in Holland und Le Pen in Frankreich stärken will, muss genau das machen, was Gabriel jetzt macht: Schuldener­leichterun­gen für Griechenla­nd fordern“, warnte der europapoli­tische Sprecher der Union, Gunther Krichbaum. In Reaktion auf die euro-kritische Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) fordern nun auch CDU-Hardliner den Euro-Austritt. „Trotz des Wahljahres sollten wir den Bürgern keinen Sand in die Augen streuen, sondern offen und ehrlich das griechisch­e Problem ansprechen und den Weg Griechenla­nds aus dem Euro in freundscha­ftlicher Art und Weise begleiten“, sagte Christian von Stetten, Chef des Parlaments­kreises Mittelstan­d in der Union. „Die griechisch­e Regierung ist weder willens noch in der Lage, die vereinbart­en Reformmaßn­ahmen umzusetzen. Griechenla­nd wird auch in naher Zukunft weder seine Schulden noch die am Anfang vereinbart­en Zinsen zahlen können.“

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