Rheinische Post Duisburg

Timm Thaler kehrt zurück

- VON RENÉE WIEDER

Andreas Dresen bringt eine Neuauflage des TV-Klassikers ins Kino.

Jeder, der um 1979 nicht zu klein zum Fernsehen war, erinnert sich heute an Timm Thaler. Den Jungen mit den schmalen Schlagjean­s und dem breiten Lachen, das sogar den Teufel mit Neid erfüllte. 13 Folgen lang fegte die ZDF-Weihnachts­serie nach dem Roman von James Krüss damals die Straßen leer und machte den 14-jährigen Thomas Ohrner zum Star. Jetzt hat Andreas Dresen den Stoff verfilmt, das macht neugierig. Nach harten Realismusd­ramen wie „Halt auf freier Strecke“verbindet man den Namen nicht unbedingt mit märchenhaf­tem Kinderkino. Doch wie sich zeigt, kann Dresen beides gleichzeit­ig: im lockeren Ton eine alte Fabel erzählen und dabei die echte Welt zerpflücke­n, dass es einen schaudert.

Timm Thaler (Arved Friese) und sein Vater (Bjarne Mädel) leben in Armut, aber lachen kann Timm trotzdem wie kein zweiter. Bis der Vater stirbt und ihn mit der gemeinen Stiefmutte­r allein lässt. Gerade als Timm glaubt, nie mehr froh sein zu können, taucht der schwer reiche Baron Lefuet (Justus von Dohnányi) auf und überredet Timm zu einem fatalen Deal: Er verkauft dem Mann sein Lachen und gewinnt dafür künftig jede Wette.

Dass der Junge, der sich plötzlich jeden Wunsch erfüllen kann, dafür ausgerechn­et mit seiner Freude bezahlt, gibt dem Film seine paradoxe Spannung. Um einen faustische­n Pakt geht es immerhin, den Verlust einer Kinderseel­e an Korruption und Gier. Dresen schwankt dabei zwischen der Aufgabe, bunte Familienun­terhaltung zu machen, und dem ihm eigenen Ernst. So verwandelt er einerseits die von Axel Prahl und Andreas Schmidt gespielten Gehilfen des Teufels (man lese den Namen Lefuet einmal anders herum) in animierte, ziemlich alberne Ratten-Sidekicks. Dann wieder schiebt er eine grandiose Trickseque­nz über Glaubenskr­iege und Profitgesc­häfte des Barons in Entwicklun­gsländern ein.

Überwiegen­d aber ist „Timm Thaler“ein Fantasyspa­ß, der von liebevolls­tem 20er Jahre-Dekor lebt, dazu von Dohnányi und den unglaublic­h vielen Gaststars. Charly Hübner spielt Timms Freund und Jule Hermann seine beste Freundin, es gibt Milan Peschel, Fritzi Haberlandt und Nadja Uhl, Joachim Król als Erzähler aus dem Off, Harald Schmidt parodiert sich selbst. Und einmal steht da tatsächlic­h auch kurz Tommi Ohrner, als Concierge im Hotel.

Der große Timm mit dem kleinen Timm. Wenn das mal nichts über die Zeitlosigk­eit dieser Geschichte aussagt. Timm Thaler oder das verkaufte Lachen, Deutschlan­d 2016, Regie: Andreas Dresen, mit Arved Friese, Justus von Dohnányi, Jule Herrman, Axel Prahl, Andreas Schmidt, Charly Hübner, 102 Minuten

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FOTO: DPA Arved Friese als Timm Thaler.

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