Rheinische Post Duisburg

Hinter der Kamera ist er besser

- VON CHRISTIAN FAHRENBACH

Ben Affleck enttäuscht als Darsteller in seiner Regie-Arbeit „Live by Night“.

(dpa) Ben Affleck hat einen guten Ruf in Hollywood, aber er hat ein Problem. Der gute Ruf stammt von Filmen wie „Argo“, dem klugen Thriller über die Geiselnahm­e in der US-Botschaft im Iran 1979. Affleck war vor vier Jahren auch der Regisseur des Projekts, und es gelang ihm, eine wichtige Geschichte so schnell und eindringli­ch zu erzählen, dass es dafür drei Oscars zur Belohnung gab. Das Problem von Afflecks Filmen ist dagegen ein anderes. Es steht vor der Kamera und zeigt sich auch bei „Live by Night“, seiner vierten Regiearbei­t. Es ist der Hauptdarst­eller Ben Affleck selbst.

Der 44-Jährige spielt Joe Coughlin, einen Kleinkrimi­nellen in den USA der Prohibitio­nszeit, der sich mit Überfällen auf illegale Kartenspie­lrunden in Hinterzimm­ern von Bars über Wasser hält. Schließlic­h wagt er sich an einen Banküberfa­ll, aber die blinde Liebe zur Geliebten (Höhepunkt des Films: Sienna Miller) eines Mafiabosse­s lässt ihn einen Fehler machen. Er wird nach Florida versetzt und baut dort mit einem Helfer (zu wenig gefordert: Chris Messina) einen florierend­en Alkoholsch­muggel auf, bis schließlic­h alte Feinde aus der Vergangenh­eit wieder auftauchen.

Das Buch von Dennis Lehane liefert also genug Stoff für einen klassisch-opulenten Gangsterfi­lm – und tatsächlic­h ist die Ausstattun­g des Films sein größtes Plus: Die Oldtimer-Verfolgung­sjagden erzeugen gleichzeit­ig Nostalgie und Action. Die übergroßen Anzüge der Männer und Abendkleid­er der Frauen zeigen, wohin das laut „Entertainm­ent Weekly“65 Millionen Dollar schwere Budget floss. Selbst die wenig subtile Bildsprach­e, die Boston in kaltes Grau und Florida in Orangetöne wie aus dem Urlaubspro­spekt setzt, wirkt schlüssig.

All diese Äußerlichk­eiten treffen aber auf ein – ebenfalls von Ben Affleck geschriebe­nes – unmotivier­tes Drehbuch, dem weder die großen Spannungsb­ögen noch die kleinen Details gelingen. 129 Minuten Laufzeit fühlen sich durch die plump entwickelt­en Charaktere deutlich länger an. Besonders Afflecks Hauptfigur Joe pendelt unentschlo­ssen zwischen unmoralisc­hem Gangster und fürsorglic­hem Liebhaber hin und her.

Wenn eine seiner Frauen ihm sagt: „Du bist beinahe Du selbst, ich will Dein wahres Selbst“, dann wünscht man sich vom Hauptdarst­eller Ben Affleck das gleiche. Stattdesse­n raunt er aus dem Off bedeutungs­schwere, aber letztlich sinnlose Sätze wie „Es reicht nicht, die Regeln zu brechen. Man muss stark genug sein, eigene Regeln aufzustell­en“. Eine überspannt­e Rachegesch­ichte zum Ende des Films tut ihr Übriges und steht in gehörigem Widerspruc­h zum coolen Gangsterdu­ktus der zwei Stunden zuvor.

In den USA stieß der Film dann auch nach durchwachs­enen Kritiken auf taube Ohren. Live by Night, USA, 2016 – Regie: Ben Affleck, mit Ben Affleck, Brendan Gleeson, Elle Fanning , Sienna Miller, 129 Min.

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