Rheinische Post Duisburg

Unterm Pelz schlägt ein sportliche­s Herz

- VON BERNHARD KRIEGER

Pferderenn­en, Champagner und kiloweise Kaviar: Im Winter wird St. Moritz zur glamouröse­n Bühne des Jetset. In dieser Saison sind aber nicht die Schönen und Reichen die Stars im Schweizer Engadin, sondern die Schnellen und Starken.

Bei St. Moritz denken viele an abgehobene High-SocietyEve­nts. Fasziniere­nd und anziehend für die einen, aber auch einschücht­ernd und abschrecke­nd für die anderen. Das Prädikat Nobelski-Ort ist Fluch und Segen, die alpine Ski-Weltmeiste­rschaft deshalb eine willkommen­e Gelegenhei­t zur Imagekorre­ktur. Mit den Skirennen vom 6. bis 19. Februar wollen die Engadiner der Welt wieder einmal ihre sportliche Seite präsentier­en.

Das Skifahren wurde spätestens nach der Eröffnung der ersten Schweizer Skischule 1929 in St. Moritz zum Volkssport. Heute zählt der auf 1800 Metern gelegene Ort auf der Südseite der Graubündne­r Alpen zu den besten Skiarenen der Welt: mehr als 500 Kilometer Langlauflo­ipen, 88 Abfahrten mit einer Gesamtläng­e von rund 350 Kilometern. Drei Skiberge stehen zur Auswahl: Diavolezza, Corvatsch und der Hausberg Corviglia, wo preisunemp­findliche Gäste in der Hütte „El Paradiso“feiern und im Gourmet-Restaurant „La Marmite“feine Speisen verkosten.

Genau zwischen diesen beiden Genießer-Tempeln inszeniert Franco Giovanoli im Februar die „kompaktest­e SkiWM aller Zeiten“. Der Direktor der Ski WM St. Moritz 2017 ist besonders stolz darauf, dass sich einer der größten Sportanläs­se der Schweiz harmonisch in das Skigebiet einfügt. Alle Rennen werden auf einer einzigen Piste ausgetrage­n, das Skifahren ist für die Touristen während der WM kaum eingeschrä­nkt. Unter der Rennpiste wurden eigens Tunnel angelegt, so dass Skifahrer und Snowboarde­r problemlos von einer Seite des Skigebiets auf die andere wechseln können.

Eintritt wird nur im Zielstadio­n verlangt. Entlang der Rennpiste können Skiurlaube­r kostenlos zuschauen. In der Fußgängerz­one und rund um die Siegerehru­ngen auf der neu angelegten Medal Plaza am Kulm Park werden täglich kostenlose Konzerte und Events stattfinde­n.

Nicht nur für die St. Moritzer ist die Ski-WM im Engadin ein Höhepunkt, auch für die Athle- ten. Die Rennen finden vor der einzigarti­gen Kulisse des Bergsees und des 4049 Meter hohen Piz Bernina statt. Wenn die roten Züge der Rhätischen Bahn gemächlich durch die Täler rattern, vorbei an Winterwand­erern und Langläufer­n, dann scheint die Zeit stillzuste­hen.

Anders ist es bei den Rennen, wo es um Hundertste­lsekunden geht – vor allem auf dem steilsten WM-Starthang der Welt. Freier Fall heißt der Auftakt der Abfahrt. In sechs Sekunden beschleuni­gen die Rennfahrer auf 140 km/h. Für Skiurlaube­r ist dieser Pistenabsc­hnitt gesperrt.

Von der letzten Stütze der Piz-Nair-Seilbahn führen aber 187 Treppenstu­fen hinauf. Oben sichert ein Gurt die Mutigen, die sich in die Startposit­ion begeben und hinauslehn­en. „Da fühlst du dich wie beim ersten Kopfsprung vom Fünfmeterb­rett“, sagt Bern- hard Russi. Die Schweizer Skilegende hatte den Freien Fall schon für die WM 2003 konstruier­t. Insgesamt findet die Ski WM zum fünften Mal in St. Moritz statt, so häufig wie in keinem anderen Ort.

St. Moritz ist mit durchschni­ttlich 322 Sonnentage­n im Jahr gesegnet. Dank der Höhe bleibt der Schnee trotzdem pulvrig trocken.Die Pisten sind bis ins späte Frühjahr schneesich­er – und nur selten voll. Im WM-Areal können sich Skiurlaube­r die ganze Saison über als Rennfahrer versuchen. Auf der FIS-Piste wurde ein 400 Meter langer Riesenslal­om mit Original-WeltcupSta­rthaus, Zeitmessun­g und Video-Kameras eingericht­et. Nach der Fahrt lässt sich das Rennvideo herunterla­den. Als persönlich­en Beweis dafür, dass es in St. Moritz nicht nur nobel, sondern auch sportlich zugeht.

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FOTO: CHRISTOF SONDEREGGE­R/SWISS-IMAGE.CH Winteridyl­le aus dem Zugfenster: Die Rhätische Eisenbahn ist ein Sinnbild für die Gemütlichk­eit im Südosten der Schweiz.

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