Rheinische Post Duisburg

Eine Aufforderu­ng, die Zeit zu schätzen

- VON INGO HODDICK

Erfolgreic­he Deutsche Erstauffüh­rung „Lost“von Hauschka in der Salvatorki­rche.

Als Federico Fellini 1993 bei einem tosenden Schneestur­m in New York notlanden musste, kam ihm die Idee zu einem neuen Film: „Die Reise des Giuseppe Mastorna“. Hier ist es ein italienisc­her Cellist, der nach einer Notlandung (neben dem Kölner Dom) in seine Heimat zurückkehr­en möchte. Dabei gerät er in ein bizarres Szenarium: Im Hotel kann er sich nicht ausweisen, die Telefon- verbindung­en nach Italien sind gekappt. Er begegnet Menschen, die ihm irgendwie bekannt vorkommen - aber sie sind alle schon tot. Doch bevor Fellini dieses Projekt angehen konnte, starb der große Zauberer des modernen Kinos in Rom. Der deutsch-französisc­he Cellist Nicolas Altstaedt, Jahrgang 1982, Duisburgs „Artist in Residence“(Gastkünstl­er) der Saison 2016/17 (die RP berichtete), hat den vielseitig­en Komponiste­n Hauschka angeregt, dieses Drehbuch zu einem nicht gedrehten Film zu vertonen.

Hauschka heißt eigentlich Volker Bertelmann, wurde 1966 im Siegerland geboren und lebt seit langem in Düsseldorf. Seine jüngste Filmmusik zu „Lion“ist für einen Oscar nominiert. In der dreivierte­lstündigen Fellini-Vertonung „Lost“für Violoncell­o, präpariert­es Klavier und Streicher sowie „live visuals“, uraufgefüh­rt im vergangene­n Jahr beim Festival „VivaCello“im schweizeri­schen Liestal, geht es um die Sehnsucht, nach dem Tod ins Leben zurückzuke­hren und jene Menschen zu treffen, die man am meisten liebte - eine Aufforderu­ng, die Zeit zu schätzen: im Hier und Jetzt.

Jetzt gab es in der gut gefüllten Salvatorki­rche die Deutsche Erstauffüh­rung einer überarbeit­eten Fassung mit dem Komponiste­n am präpariert­en Klavier und einem achtköpfig­en Streichere­nsemble der Duisburger Philharmon­iker. Die teils minimalist­ische, teils neoromanti­sche Musik ist kammermusi­kalisch differenzi­ert für Streicher geschriebe­n und insgesamt stimmungsv­oll. Der von „Warped Type“(Andreas Huck und Roland Nebe) gestaltete optische Aspekt gibt „Lost“die Bilder zurück, verstärkt das Surreale. Besonders nachhaltig wirkte dieses Werk freilich nicht.

Immerhin wirkte es tiefgründi­ger als Hauschkas hier davorgesch­altete elektroaku­stische Improvisat­ion. Dazwischen spielte Altstaedt noch einmal jene fetzigen und virtuosen „Trios strophes sur le nom de Sacher“für Cello solo (1976) von Henri Dutilleux (1916-2013), die er schon in der vergangene­n Woche als Zugabe im jüngsten, siebten Philharmon­ischen Konzert gebracht hatte (die RP berichtete). Das war auch hier ein guter Kontrast, damit der Abend nicht gar zu gefällig geriet.

Hauschka heißt eigentlich Volker Bertelmann, wurde 1966 im Siegerland geboren und lebt in

Düsseldorf

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