Menschen-Experimente in Arizona
Der US-amerikanische Kultautor Tom Coraghessan Boyle schreibt mit „Die Terranauten“einen Roman zwischen Science-Fiction, Öko-Experiment und Reality-Show.
Den Fortschritt beschleunigen, das Überleben der Menschheit sichern, einen Blick in die Zukunft werfen: an Ideen, Geld und technischen Möglichkeiten mangelt es nicht. Wenn nur der Mensch nicht wäre, mit seinen Schwächen und Gefühlen: Immer macht er alles kaputt und steht sich selbst im Weg. Statt hehren Zielen zu folgen, lässt er seinen Trieben freien Lauf. Statt sich an großen Visionen zu berauschen, sucht er Befriedigung beim schnellen Beischlaf.
Man könnte also heulen über die Unzulänglichkeit des Menschen, an dessen Mittelmäßigkeit noch jeder Entwurf einer besseren Welt gescheitert ist. Man könnte sich aber auch dafür entscheiden, lässig mit den Achseln zu zucken, milde zu lächeln und mit ironischem Augenzwinkern dem Menschen beim Scheitern zuzugucken. So wie es der US-amerikanische Autor T. C. Boyle in seinem neuen Roman macht: „Die Terranauten“, angesiedelt zwischen Science-Fiction und RealityShow, führen uns in eine Welt, in der die Wissenschaft zur Seifenoper und die Ideologie zur Phrase wird und die Zukunft schon vorbei ist, bevor sie überhaupt begonnen hat.
Schon immer hat sich T.C. Boyle für schrullige Expeditionen („Wassermusik“), geniale Erfinder („Willkommen in Welllville“), Reisen in die Zukunft („Ein Freund der Erde“), Leben in Kommunen („Drop City“) und ökologische Wahnvorstellungen („Wenn das Schlachten vorbei ist“) interessiert. Dass sein Blick jetzt auf ein bizarres Experiment fällt, das Anfang der 1990er Jahre in Tuscon/Arizona von Wissenschaftlern initiiert und von einem texanischen Milliardär finanziert wurde, wundert kaum. Hatte man damals doch vier Frauen und vier Männer zwei Jahre lang in ein von der Außenwelt komplett unabhängiges System eingeschlossen. Beäugt von neugierigen Kameras und umzingelt von wissenschaftlichen Parametern sollte in einem riesigen, luftdicht abgeriegelten und mit unzähligen Pflanzen und Tierarten bevölkerten Gewächshaus erforscht werden, ob ein ökologisch und sozial eigenständiges Leben – vielleicht auf dem Mars – möglich ist. Eigentlich ein spannendes Setting (das in der Realität grandios scheiterte), vermischen sich