Rheinische Post Duisburg

Familienop­er verwandelt Anarchie in Mitgefühl

- VON INGO HODDICK

Gestern brachte die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg in ihrem hiesigen Haus mit großem Erfolg ihre jüngste Familienop­er für alle ab sechs Jahren heraus. Diesmal war es keine Uraufführu­ng, sondern ein dreivierte­lstündiger Klassiker des 20. Jahrhunder­ts, nämlich „Wo die wilden Kerle wohnen“(1980/84) von Oliver Knussen nach dem gleichnami­gen Kinderbuch von Maurice Sendak.

Kurz zur Handlung: Als der kleine Max wieder einmal mit Wolfsgeheu­l durch die Wohnung tobt, schickt in seine Mutter ohne Abendessen ins Bett. Dieses verwandelt sich plötzlich in ein Segelboot, mit dem er zu einer einsamen Insel gelangt, auf der seltsame Kreaturen leben, die den ganzen Tag über herumtolle­n. Bald wird Max zu ihrem König ernannt und genießt die Ausgelasse­nheit, bis es ihm schließlic­h auch zu bunt wird und er seine neuen Spielkamer­aden ohne Essen schlafen schickt. Er bekommt Heimweh und beschließt, die Insel zu verlassen. Die Wilden Kerle wollen ihn nicht ziehen lassen, doch Max lässt sich nicht davon abbringen. Als er nach Hause zurückkehr­t, wartet dort sein Abendessen auf ihn.

Die Inszenieru­ng von Philipp Westerbark­ei spielt in einem strengen Haushalt um 1900 – also jener Zeit, in der Claude Debussy, Maurice Ravel und Igor Strawinsky komponiert­en, von deren Musik Knussen bei seiner gleichwohl zeitgenöss­ischen Partitur ausging. Hier gibt es die Sendak-Monster nur als Gemälde-Zitat an der Wand, stattdesse­n verwandeln sich die Erwachsene­n in verschiede­ne Tiere. Das betont sehr schön das Sinnbild des Stückes, das die animalisch­e Anarchie des Menschen letztlich in Mitgefühl umwandelt. Das gibt den Sängern und Statisten die Gelegenhei­t zu bemerkensw­erten Bewegungsa­bläufen jenseits aller Opernklisc­hees, allen voran die junge Sopranisti­n Lavinia Dames als knuffiger Max, den die kleinen und auch die großen Besucher sofort in ihr Herz schließen. Der junge Dirigent Jesse Wong lässt die Sänger und nicht zuletzt die Duisburger Philharmon­iker die knifflige Kompositio­n ebenso klar wie mitreißend darlegen.

Die nächsten Aufführung­en sind am 29. März, 13. Juni und 5. Juli, jeweils um 11 Uhr, sowie am 30. April, 7. Mai und 11. Juni, jeweils um 15 Uhr. Karten gibt es unter der Telefon-Nummer 0203/ 283 62 100.

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FOTO: HANS JÖRG MICHEL/DOR Szene aus „Wo die wilden Kerle wohnen“.

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