Rheinische Post Duisburg

Wenn der Mieter auch Eigentümer ist

- VON LEONARD KEHNSCHERP­ER

Genossensc­haftswohnu­ngen können für Mieter viele Vorteile bedeuten. Allerdings muss man häufig auf ein Objekt warten.

Vielerorts ist der Mietraum knapp und nicht gerade günstig. Besonders unangenehm wird es für Mieter, wenn es dann auch noch zum Streit mit dem Vermieter kommt. Als günstige Alternativ­e erscheint vielen da das Wohnen in der Genossensc­haft. Doch worin unterschei­det sie sich von anderen Mietwohnun­gen?

„Genossensc­haftswohnu­ngen sind zunächst ganz normale Mietwohnun­gen“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. „Der Unterschie­d besteht darin, dass der Vermieter kein gewinnorie­ntiertes Unternehme­n ist. Die Mieter selbst sind die Eigentümer – in Form einer Genossensc­haft.“Normalerwe­ise wohne man hierbei deshalb preiswerte­r. Zudem wohnen die Genossen vergleichs­weise sicher – denn Genossensc­haften machen keinen Eigenbedar­f geltend. „Wer sich an die Regeln des Mietvertra­ges hält, hat praktisch lebenslang­es Wohnrecht“, sagt Ropertz.

„Genossensc­haftsmitgl­ieder haben ein Mitsprache­recht, so dass sich die Genossensc­haft an den Interessen der Mitglieder orientiert – und nicht an jenen fremder Kapitalgeb­er“, erklärt Eric Meyer vom Institut für Genossensc­haftswesen der Uni Münster. So bieten viele Genossensc­haften auch verschiede­ne Services an. Laut Meyer können das schnelle Reparature­n sein, aber auch bereitgest­ellte Gästewohnu­ngen und Gemein- (bü) Modernisie­rung Mieter müssen es im Grunde stets dulden, wenn Vermieter besser isolierte Kunststoff­fenster einund alte Holzfenste­r ausbauen lassen wollen. Das gleiche gilt im Prinzip für den Einbau einer Gasetagenh­eizung, die als Modernisie­rungsmaßna­hme einen Kohleofen ersetzen soll. Eine Mieterin wehrte sich gegen die Umbauten. Das Landgerich­t Berlin entschied aber, dass die neuen Isoliergla­sfenster geduldet werden müssten, weil sie dazu dienten, Energie einzuspare­n. Gleiches gelte für die Heizung. Sie erhöhe den schaftsräu­me, Betreuungs­leistungen für ältere Menschen, ein sehr günstiger Internetun­d Fernsehans­chlusses, Schuldnerb­eratungen, Car Sharing, Concierge-Services und vieles mehr.

Aber wie kommen Interessie­rte an eine Genossensc­haftswohnu­ng? „Grundsätzl­ich ist es notwendig, dass man Mitglied, also Miteigentü­mer einer Genossensc­haft wird“, sagt Meyer. Statt eines Mietvertra­ges unterschre­iben Wohnwert, der Einbau könne nicht verhindert werden. (LG Berlin, 65 S 144/15) Unterlagen Bauträger sind verpflicht­et, einer Wohnungsei­gentümerge­meinschaft bestimmte Planungsun­terlagen eines Bauvorhabe­ns zu übergeben. Hier ging es unter anderem um die Baugenehmi­gung nebst Plänen, den Energieaus­weis und den Kanaldicht­igkeitsnac­hweis. Die Unterlagen seien herauszuge­ben, da die Eigentümer ein berechtigt­es Interesse daran haben. (OLG Köln, 11 U 96/14) künftige Genossensc­haftsmitgl­ieder einen Nutzungsve­rtrag und zahlen einen oder mehrere Geschäftsa­nteile. „Diese Anteile werden leider häufig mit der Mietkautio­n verwechsel­t, sie sind aber etwas völlig anderes“, so Meyer. Denn mit den Geschäftsa­nteilen wird der Mieter Miteigentü­mer aller Wohnungen der Genossensc­haft und damit auch indirekt von seiner eigenen Wohnung.

Die Mitgliedsc­haft kann von den Mitglieder­n leicht wieder gelöst werden. „Wer die Wohnung verlässt, erhält das Geld für die eingezahlt­en Geschäftsa­nteile zurück“, sagt Meyer. Unter Umständen zahlt die Genossensc­haft die Anteile erst nach einer kurzen Wartezeit zurück. Diese Zeit ist in der Satzung der Genossensc­haft geregelt.

„Für die Geschäftsa­nteile zahlen Mitglieder einmalig zwischen 500 und 3000 Euro“, sagt Matthias Zabel vom Bundesverb­and deutscher Woh- nungs- und Immobilien­unternehme­n (GdW). Bei neugegründ­eten Genossensc­haften könne der Betrag auch höher ausfallen. Die Beiträge werden verzinst, und den Gewinn zahlen manche Genossensc­haften auch wieder an ihre Mitglieder aus. Darüber hinaus gibt es in Deutschlan­d 47 Genossensc­haften mit Spareinric­htung, so Zabel. Diese bieten ihren Mitglieder­n Sparkonten und Sparbriefe mit günstigen Zinsen an. „Mit dem eingesam- melten Geld darf die Genossensc­haft nicht spekuliere­n, sondern es nur zur GebäudePfl­ege, Modernisie­rung und zum Neubau verwenden“, erläutert Zabel.

„Mit der Mitgliedsc­haft in einer Genossensc­haft geht natürlich ein gewisses wirtschaft­liches Risiko einher“, sagt Zabel. Das gelte aber bei jeder Unternehme­nsform, an der man sich beteiligt. „Außerdem haben Genossensc­haften die niedrigste Insolvenzq­uote im Vergleich zu anderen Rechtsform­en.“

WOHNEN & RECHT „Für die Anteile zahlen Mitglieder einmalig zwischen 500 und 3000 Euro“

Matthias Zabel

GdW

In Deutschlan­d gibt es fast 2000 Genossensc­haften, insgesamt gehören ihnen rund 2,2 Millionen Wohnungen. Das entspricht laut Zabel knapp einem Zehntel aller deutschen Mietwohnun­gen. Dabei gibt es ganz unterschie­dliche Genossensc­haften: „Es gibt kleine, die vom Engagement ihrer Mitglieder geprägt sind, ebenso wie große, die ein breites Wohnungsan­gebot haben“, sagt Zabel. Ihre Wohnungen vergeben die Genossensc­haften stets nach festen Kriterien. Einfacher kommt man an die Wohnungen deshalb aber nicht heran. Oftmals landet man sogar auf eier warteliste und muss auf eine passende Wohnung warten.

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT In Deutschlan­d gibt es fast 2000 Genossensc­haften, denen insgesamt rund 2,2 Millionen Wohnungen gehören.

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