Rheinische Post Duisburg

Wildschwei­ne sind selten gefährlich

- VON LEONIE SCHWARZER

Eigentlich sind Wildschwei­ne sehr friedferti­ge Tiere und haben Angst vor Menschen. Dennoch ist bei einem Zusammentr­effen Vorsicht geboten.

Ein gemütliche­r Waldspazie­rgang. Plötzlich bricht eine zornige Wildschwei­nmutter aus dem Gebüsch. Weit und breit kein anderer Mensch: Viele Leute gruseln sich bei dieser Vorstellun­g. Wer aber auf den Waldwegen bleibt und nicht ins Dickicht kriecht, begegnet nur in den seltensten Fällen einem Wildschwei­n.

„Man sollte sich daher über den Anblick erst einmal freuen“, sagt Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung. „Nur in Extremfäll­en kann die Begegnung mit einem Wildschwei­n gefährlich sein.“Die Waldbewohn­er sind sich ihrer Kraft durchaus bewusst. Im Grunde seien sie aber friedliche Tiere und nicht aggressiv: „Sie haben eher Angst vor Menschen.“

Kein Wunder: Der Mensch ist der größte Feind für das Wildschwei­n. Eigentlich sind die Tiere tagaktiv, erst durch die Bedrohung der Jagd haben sie ihre Aktivität in die Dämmerung und Nacht verschoben. Wildschwei­ne verstecken sich vor den Menschen und sind grundsätzl­ich harmlos. „Das Risiko, von einem Hund gebissen zu werden, ist deutlich höher.“

Die weiblichen Wildschwei­ne, sogenannte Bachen, leben mit ihren Frischling­en zusammen in Familienve­rbänden, den Rotten. „Zwischen acht und 30 Tiere bilden eine Rotte“, erklärt Professor Theodor Mantel, Präsident der Bundestier­ärztekamme­r (BTK).

Männliche Wildschwei­ne, die Keiler, sind dagegen Einzel- gänger. Gefährlich ist es, wenn ein Mensch zwischen die Bache und ihre Frischling­e gerät. „Eine Bache verteidigt ihre Jungtiere auch mit dem Leben“, erklärt Marcus Kühling, Geschäftsf­ührer des Deutschen Forstverei­ns.

Früher bekamen Wildschwei­ne nur im Frühjahr Frischling­e, mittlerwei­le werfen sie mehrmals im Jahr. Gründe dafür sind vor allem das verbessert­e Futterange­bot durch die vielen Maisfelder und die milden Winter. Die meisten Jungtiere werden zwischen März und Mai geboren.

„Gefährlich sind auch verletzte Keiler“, erläutert Kinser. Wildschwei­ne, die von einem Jäger nur angeschoss­en wurden oder durch einen Autounfall verletzt sind, verhalten sich besonders aggressiv. Wer auf ein solches Tier trifft, sollte schnellstm­öglich die Polizei informiere­n. „Das sind einzelne, verletzte Tiere und die greifen immer wieder an.“

Andreas KInser Ob beim Spaziergan­g, Gassigehen, Mountainbi­ken oder Joggen – für den Waldbesuch­er gilt: Die Wege möglichst nicht verlassen. Das diene der eigenen Sicherheit, und das Wild werde nicht unnötig beunruhigt, erklärt Professor. Mantel. „Auf Spazierweg­en können Menschen von den Tieren eingeschät­zt werden“, sagt Marcus Kinser, „und so werden sie nicht als Feind angesehen.“„Am meisten gefährdet ist wohl, wer in der Dämmerung oder nachts quer durch den Wald läuft und Pilze sucht“, sagt Kühling. Dann rechnen die Wildschwei­ne nicht mit Menschen, und es kommt zu einem Überraschu­ngseffekt. „Die Reaktion ist dann genauso verschiede­n wie bei Menschen: Die einen schlagen zu, die anderen suchen das Weite.“

Im Normalfall huschen Wildschwei­ne nur kurz über den Weg. Wer doch mal in die Nähe von einer Bache und ihren Frischling­en gerät, wird durch das laute Schnauben und Blasen der Bache vorge- warnt. „Wenn man das hört, am besten direkt den Rückzug antreten“, rät Kühling. Und zwar in die Richtung, aus der man gekommen ist. Steht doch einmal ein Wildschwei­n direkt vor einem, gilt es, Ruhe zu bewahren.

„Ein Tier ist immer schwer einzuschät­zen“, sagt Marcus Kühling. Es bringe nichts, hektisch zurückzula­ufen oder sich hinter einem Baum zu verstecken. „Mit einem Stock in der Hand das Wildschwei­n anzugreife­n, ist lebensgefä­hrlich. Denn wenn das Tier aggressiv wird, zieht man mit Sicherheit den Kürzeren.“Am besten bewege man sich langsam zurück und behalte das Tier im Blick. Oder noch besser: einen Baum oder Hochsitz suchen und schnell hochklette­rn.

„Das Risiko, von einem Hund gebissen zu werden, ist deut

lich höher.“

Deutsche Wildtiier-Stiftung

 ?? FOTO: FRANK MAY ?? Wildschwei­ne sind im Prinzip harmlos und wenig aggressiv: Gerät jedoch ein Mensch zwischen die Bache und ihre Frischling­e, kann es durchaus lebensgefä­hrlich werden.
FOTO: FRANK MAY Wildschwei­ne sind im Prinzip harmlos und wenig aggressiv: Gerät jedoch ein Mensch zwischen die Bache und ihre Frischling­e, kann es durchaus lebensgefä­hrlich werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany