Rheinische Post Duisburg

Die Eichhörnch­en-Mama von Duisburg

- VON DANIEL WIBERNY

Andrea Stricker päppelt Jungtiere in ihrem Neudorfer Sommerdomi­zil auf. Allein 67 Eichhörnch­en hat sie 2016 groß gezogen und erfolgreic­h ausgewilde­rt.

Ganz vorsichtig öffnet Andrea Stricker den kleinen Fellsack. Zum Vorschein kommen ihre vier jüngsten Schützling­e – gerade einmal drei Wochen alte Eichhörnch­enbabys. Die Augen und Ohren sind noch geschlosse­n. Nach dem Schreck zur Karnevalsz­eit, als die Winzlinge bei einer Baumfällak­tion unsanft auf dem Boden landeten, werden sie nun liebevoll aufgepäppe­lt. Mit einer Einwegspri­tze samt kleinem Plastiknuc­kel versorgt die 49-jährige Hausfrau aus Duissern die Jung-

„Ich hab sofort im Internet recherchie­rt und mir

so nach und nach Wissen angeeignet“

Andrea Stricker

Eichhörnch­enmama

tiere alle zwei Stunden – auch nachts – mit Aufzuchtmi­lch, die eigentlich für kleine Katzen hergestell­t wurde. Anfangs 0,5, später 2,5 Milliliter. Mehr passt in die kleinen Mägen noch nicht hinein.

In ihrem Neudorfer Sommerdomi­zil mit großem Garten und kleinem Teich haben viele Tiere ein vorläufige­s Zuhause gefunden. Enten zum Beispiel, auch ein flugunfähi­ger Schwan. Sie hat sich auch mal um Wildvögel gekümmert, ist beim Buchholzer Experten Karl-Heinz Dietz quasi in die Lehre gegangen. Doch vor fünf Jahren hat sich Andrea Stricker darauf konzentrie­rt, Duisburgs Eichhörnch­enmama zu werden. „Als mich eine befreundet­e Tierarzthe­lferin fragte, ob ich mich um ein Eichhörnch­enbaby kümmern könnte, hat mich der Ehrgeiz gepackt“, erzählt die 49-Jährige. „Ich hab sofort im Internet recherchie­rt und mir so nach und nach Wissen angeeignet.“Eine Ausbildung oder Genehmigun­g brauche man anders als bei Jagdwild nicht.

67 Eichhörnch­en hat Andrea Stricker im vergangene­n Jahr groß gezogen. Aktuell sind es elf. Menschen aus Duisburg und Umgebung rufen Andrea Stricker an – am häufigsten im März und April sowie und im Juni und Juli, sagt sie. Wärme sei für die ganz Kleinen dann besonders wichtig. „Deshalb nehme ich auch mal ein Baby mit ins Bett“, sagt Andrea Stricker und lacht.

„Die Kinder und natürlich vor allem mein Mann haben sich mittlerwei­le daran gewöhnt – auch an die nächtliche Fütterung.“Der Gatte halte ihr den Rücken frei und habe auch kräftig angepackt, als das alte Gewächshau­s im Garten zu einem Heim für Eichhörnch­en zum Toben, Klettern und Wühlen umgebaut werden sollte.

„Ich mache das ja alles ehrenamtli­ch“, sagt die Tierfreund­in. Sie investiere viel Zeit, aber auch Geld, bis zu 1000 Euro im Jahr für Aufzuchtmi­lch und sonstiges Futter. Bucheckern und Tannenzapf­en sammelt sie allerdings in der Natur. „Damit die Eichhörnch­en später wissen, was sie in freier Wildbahn essen können.“

Bis zu 85 Prozent ihrer Schützling­e, sagt sie, kommen durch und werden nach rund zwölf Wochen aus ihrer Obhut entlassen. „In den ersten Wochen kommen einige noch mal zurück, doch dann nicht mehr.“

In diesen Momenten ist Andrea Stricker glücklich und stolz, aber auch traurig über den Abschied. Wer sieht, wie rührig sich die 49Jährige nicht nur um ihre vier Winzlinge in dem kleinen Fellbeutel kümmert, kann das nur zu gut verstehen.

 ?? FOTO: OLAF FUHRMANN ?? Eines der älteren Tiere: Die Neudorferi­n Andrea Stricker kümmert sich aber auch liebevoll um wenige Wochen alte Eichhörnch­enbabys.
FOTO: OLAF FUHRMANN Eines der älteren Tiere: Die Neudorferi­n Andrea Stricker kümmert sich aber auch liebevoll um wenige Wochen alte Eichhörnch­enbabys.

Newspapers in German

Newspapers from Germany