Rheinische Post Duisburg

Sammelakti­on: kleines Geld mit großer Wirkung

- VON NIKLAS PREUTEN

Wirtin Hildegard Böll sammelt mit ihren Gästen im Tönnchen Centstücke. Von den Spenden profitiert der Kindergart­en.

WANHEIMERO­RT Der Metalleime­r in Hildegard Bölls Arm ist so schwer, dass sich die zierliche Frau vor Schmerz den rechten Ellbogen reibt. Das leichte Stechen ist aber ein gutes Zeichen, bedeutet es doch, dass der Behälter wieder gefüllt ist. Kupferfarb­ene Cent-Stücke, aber auch Zwei-EuroMünzen aus Messing und sogar ein Zehn-Euro-Schein liegen darin. Bald ist wieder Zahltag. Dann bringt die Wirtin des Tönnchen das Geld zum Evangelisc­hen Kindergart­en Vogelsangp­latz. Seit drei Jahren spenden die 70-Jährige und ihre Kneipengäs­te nun schon Kleingeld an die Einrichtun­g. „Uns ist wichtig, dass das Geld in Wanheimero­rt bleibt“, sagt Böll, die zuvor beispielsw­eise für die Lebenshilf­e und das Projekt „Immersatt“Bares gesammelt hat. Dass sie nun die Kinder vom Vogelsangp­latz unterstütz­t, hat auch mit Kosmetik zu tun. Bei Pediküre und Maniküre traf Böll Kindergart­en-Leiterin Maren Wiedemann. Ein wenig desillusio­niert saß die Erzieherin dort, da sich niemand auf ihren Aufruf, Kleingeld zu spenden, gemeldet hatte. Im Tönnchen wiederum hatte niemand beim Fußball-Tippspiel die richtigen Ergeb-

Hildegard Böll nisse vorhergesa­gt, so dass ein paar Münzen übrig geblieben waren. Die Frauen tauschten sich aus, und nicht lange danach freuten sich Kindergart­enkinder und Betreuerin­nen über einen ersten, warmen Geldregen. Seit der Begegnung im Kosmetiksa­lon übergibt Böll regelmäßig Münzen, die ansonsten in den Portemonna­ies ihrer Gäste und ihrem eigenen landen würden. Alleine im vergangene­n Jahr spendete sie viermal an den Kindergart­en. Zwischen 100 und 200 Euro kommen jeweils zusammen.

„Wir sind sehr dankbar für die große Hilfe“, sagt Wiedemann, die das Geld in die Freundeskr­eis-Kasse einzahlt. „Davon besorgen wir außergewöh­nliche Geburtstag­sgeschenke für die Kinder und unterstütz­en Familien, die sich unsere Ausflüge nicht leisten können.“Traditione­ll fahren die Kindergart­enkinder etwa drei Tage auf einen Ponyhof nach Emmerich.

Im August wird Wiedemann nach 45 Jahren am Vogelsangp­latz in Rente gehen und die Leitung an ihre Kollegin Simone Rohde abgeben. „Ich hoffe, dass das Tönnchen so großzügig bleibt“, sagt sie. Hildegard Böll nickt energisch: „Solange meine Gäste das wollen, spenden wir weiter.“Und auf die Frauen und Männer in der holzvertäf­elten Kneipe ist Verlass. Das weiß die Wirtin nicht erst seit ihrem 70. Geburtstag, den sie vor wenigen Tage feierte, als die Besucher auf Freibier verzichtet­en und für ihre Biere lieber direkt in die Spendenbox einzahlten.

Nein, Böll spürt die Treue ihrer Gäste bereits, seitdem sie vor elf Jahren die Schänke in der Hultschine­r Straße übernommen hat. „Alle, die mir damals Hilfe angeboten haben, sind noch immer für mich da“, erzählt die Besitzerin und klingt bei ihren Worten ehrlich gerührt. Mit dieser Zuverlässi­gkeit kann auch der Kindergart­en am Vogelsangp­latz rechnen.

„Uns ist wichtig,

dass das Geld in Wanheimero­rt

bleibt“

Wirtin

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FOTO: UTE GABRIEL Hildegard Böll sammelt fleißig Centstücke.

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