Rheinische Post Duisburg

Erinnerung­en aus Pappe und Papier

- VON CEDRIK KEHNEN

Bei Jacques Overkleeft werden kleine Dinge ganz groß. Der gebürtige Niederländ­er widmet sein Leben dem Modellbau.

WANHEIM Der schiefe Turm von Pisa, die Londoner Tower Bridge und der Eiffelturm in nur einem Raum. Unmöglich? Nicht für Jacques Overkleeft aus Wanheim. Er hat all’ diese berühmten Bauwerke im Obergescho­ss seines Hauses stehen, allerdings in Kleinforma­t. Denn Jacques, wie er einfach nur genannt werden möchte, ist seit 47 Jahren Modellbaue­r aus Leidenscha­ft.

Stolz gibt der 68-jährige eine kleine Führung durch den Raum. In einer Ecke stehen zwei selbstgeba­ute Schiffe, in einer anderen ist der große Tisch mit den Modellen vom Kölner Dom und Co zu sehen.

Für ein Modell plant er circa 150 Stunden Arbeit ein, dabei werden die fertigen Teile schon mitgeliefe­rt. Doch der Niederländ­er ist Perfektion­ist und verändert auch gerne mal die fertigen Teile.

Dem Eiffelturm fehlen seine charakteri­stischen Aussparung­en? Für Jacques ein Ansporn, sie rauszusäge­n.

Unter zwei großen Fenstern hat sich Jacques seinen eigenen kleinen Arbeitspla­tz eingericht­et. Hier baut er nicht nur Modelle aus Katalogen zusammen, sondern wird auch selbst kreativ. Jacques hat kurzerhand sein altes Elternhaus aus den Niederland­en und sein jetziges Haus nachgebaut. Natürlich voll möbliert und mit Bewohnern.

Dafür hat er sogar selbst die Häuser und Möbel vermessen und seine Familie modelliert. Der Vater liegt im Wohnzimmer und liest eine Zeitung, oben sitzt die Mutter im Bad und frisiert sich. Jacques schafft sich Erinnerung­en an sein Leben. Erinnerung­en aus Pappe und Papier im Maßstab 1:50.

Für ein bisschen Unterhaltu­ng hat er einen kleinen Fernseher und ein altes Radio mit diversen Musikkasse­tten bereitgest­ellt. Und dann liegt da noch ein Zahnarztbe­steck auf dem Tisch. Wo andere Modellbaue­r zu Pinsel und Pinzette greifen, bedient sich Jacques der Werkzeuge seines Berufes: Der ehemalige Zahntechni­ker weiß genau, wie fein man mit diesen Werkzeugen arbeiten kann.

Sein liebstes und auch größtes Modell hängt direkt an der Wand über der Treppe und ist gar nicht zu übersehen. Ein Modell eines riesigen Kreuzfahrt­schiffes im Maßstab 1:100. Ganze drei Jahre hat Jacques geduldig an diesem Schiffsmod­ell gebaut. Es ist mehr als einen Meter lang.

Alles an diesem Schiff ist selbst gemacht. Und zwar aus Materialie­n, die er gerade zu Verfügung hatte: Pizzakarto­ns, altes Holz, Papier. Nur die Baupläne bekam er aus einer Werft in Hamburg zugeschick­t. Früher ließ er das Schiff auch immer mal wieder zu Wasser und steuerte es per Fernsteuer­ung über die Sechs-Seen-Platte.

Für den aktiven Rentner ist das Modellbaue­n nicht einfach nur ein Hobby, sondern es gehört als wichtiger Bestandtei­l zu seinem Leben. Wenn er die kleinen Teile zusam- mensetzt, entspannt er und bewältigt Probleme. Er ist dann „in einer anderen Welt“, wie er sagt.

Obwohl Jacques auch immer wieder mal an den kleinen Teilen verzweifel­t, hat er noch nie daran gedacht, seine Leidenscha­ft aufzugeben. Er macht dann einfach eine kleine Pause und später weiter. Und zu guter Letzt gelingt es ihm, das Projekt zu vollenden.

Ein neues Projekt hat sich Jacques allerdings noch nicht ausgesucht. Im Moment gibt es erst einmal vieles zu reparieren. Ein Schiff, so viel ist klar, soll es wohl aber nicht mehr werden. Dafür fehlt der Platz.

 ?? FOTOS: UTE GABRIEL ?? Seine wohl größte Arbeit: Drei Jahre hat Jacques Overkleeft gebraucht, um das über ein Meter lange Schiff fertig zu stellen (li.). Stolz präsentier­t Jacques Overkleeft sein Elternhaus in den Niederland­en (re.).
FOTOS: UTE GABRIEL Seine wohl größte Arbeit: Drei Jahre hat Jacques Overkleeft gebraucht, um das über ein Meter lange Schiff fertig zu stellen (li.). Stolz präsentier­t Jacques Overkleeft sein Elternhaus in den Niederland­en (re.).
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