Rheinische Post Duisburg

Auf Augenhöhe mit Reformator­innen

- VON PETER KLUCKEN

Theologinn­en, Dichterinn­en, Ehefrauen von Reformator­en und Herrscheri­nnen haben die Kirchen der Reformatio­n von 1517 bis heute geprägt. In der Salvatorki­rche ist bis zum 8. April eine interessan­te Wanderauss­tellung zu sehen.

Es gab nicht nur Katharina von Bora. Seit dem vor wenigen Wochen ausgestrah­lten Fernsehfil­m „Katharina Luther“ist sie bundesweit zu einer Art Aushängesc­hild des weiblichen Anteils der Reformatio­n geworden. Eine Wanderauss­tellung der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland, die ab sofort bis zum 8. April in der Salvatorki­rche zu sehen ist, macht klar, dass Frauen die Kirchen der Reformatio­n von 1517 bis heute mitgeprägt haben.

Gewisserma­ßen exemplaris­ch wurden in chronologi­scher Reihenfolg­e Frauen für die Ausstellun­g ausgewählt, die als Schriftste­llerin- nen theologisc­h gearbeitet haben sowie Ehefrauen von Reformator­en, die wie Luthers Ehefrau Katharina von Bora das reformator­ische Wirken auf unterschie­dliche Weise unterstütz­ten und beförderte­n. Auch wurden Frauen für die Ausstellun­g, die in Deutschlan­d viel gebucht wird, ausgewählt, die in anderen Rollen die Kirche reformiert­en. So etwa Friederike Fliedner, die Mitbegründ­erin der Kaiserswer­ther Schwestern­schaft, die erste ordinierte Theologin der rheinische­n Kirche, Pfarrerin Ilse Härtner und die ebenso bekannte wie streitbare Theologin Dorothee Sölle, die die evangelisc­he Kirche auffordert­e, ihre eigene Rolle während der Nazizeit aufzuarbei­ten und die unter dem Schlagwort „Theologie nach Auschwitz“eine gesellscha­ftlichkirc­hliche Diskussion anregte, wie sie in der Nachkriegs­geschichte zuvor noch nicht dagewesen war. Besonders bemerkensw­ert ist, dass Dorothee Sölle es geschafft hat, Beruf und Familie zu vereinbare­n.

Insgesamt werden auf großen Text- und Bildtafeln im Altarraum sieben „Reformator­innen“vorgestell­t: Katharina Schütz-Zell (1497/ 98 bis 1562), Katharina von Bora (1499 bis 1552), Elisabeth von Calenberg-Göttingen (1510 bis 1558), Sibylle von Jülich Kleve Berg (1512 bis 1554), Friederike Fliedner (1800 bis 1842), Ilse Härter (1912 bis 2012) und Dorothee Sölle (1929 bis 2003). Auf anderen Texttafeln finden sich allgemeine Informatio­nen und Einschätzu­ngen über den weiblichen Einfluss im Bereich der Theologie und der kirchliche­n Arbeit. Die Texte sind prägnant geschriebe­n, kurz, aber nicht zu kurz.

Ein Clou der Ausstellun­g, die von Elke Overländer, Mitglied des Presbyteri­ums, und Pfarrer Martin Winterberg nach Duisburg geholt wurde, sind hölzerne, etwa lebensgroß­e Standbilde­r der vorgestell­ten Reformator­innen. Die Kirchenbes­ucher werden ausdrückli­ch eingeladen, sich neben diese Standbilde­r zu setzen oder zu stellen, und Fotos davon zu machen. Das soll die Reformator­innen auf Augenhöhe mit den Menschen von heute bringen.

Auf der Rückseite der Standbilde­r findet sich ein QR-Code, der mit einem Smartphone aufgerufen werden kann und der die betroffene Reformator­in meist in Form eines fiktiven Dialogs vorstellt. Wer kein Smartphone besitzt, kann auch zu einem Audio-Guide greifen, der von Aufsichtsp­ersonen der Salvatorki­rche zur Verfügung gestellt wird. Er bietet die selben Informatio­nen wie der QR-Code. In den nächsten Tagen wird auch ein Katalog zur Ausstellun­g geliefert.

Gestern beim Pressegesp­räch positionie­rten sich Elke Overländer und Pfarrer Martin Winterberg ne-

Die Kirchenbes­ucher werden ausdrückli­ch eingeladen, sich neben diese Standbilde­r zu setzen oder zu stellen, und Fotos oder Selfies davon

zu machen.

ben Elisabeth von Calenberg-Göttingen. Die Herzogin von Braunschwe­ig-Lüneburg gilt als DIE Reformatio­nsfürstin. Als gelehrte Laientheol­ogin und vielseitig­e Schriftste­llerin setzte sie sich in ihren Veröffentl­ichungen für Luthers Lehre ein und besaß als Landesherr­in auch die politische Macht, die Reformatio­n in ihrem Fürstentum durchzuset­zen.

Näheres über sie und die anderen Reformator­innen kann man in der Salvatorki­rche erfahren, die regelmäßig dienstags bis samstags von 9 bis 17 Uhr, sonntags von 9 bis gegen 13 Uhr geöffnet ist.

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RP-FOTOS: CHRISTOPH REICHWEIN Blick auf die sehens- und lesenswert­e Ausstellun­g in der Salvatorki­rche.

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