Rheinische Post Duisburg

Michael Kohlhaas als Figurenthe­ater für Erwachsene

- VON OLAF REIFEGERST­E

Mit einer weiteren Premiere zu den 38. Duisburger Akzenten meldete sich am Mittwoch das Theatertre­ffen im Stadttheat­er zurück: Gezeigt wurde eine raffiniert dramatisie­rte Spielfassu­ng einer spannend konzeption­ierten und einstudier­ten Inszenieru­ng von Heinrich von Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“, die übrigens auf einer wahren Begebenhei­t beruht, von der Bühne Cipolla als Figurenthe­ater für Erwachsene mit Livemusik.

Seit einiger Zeit schon arbeiten die Bühne Cipolla aus Bremen und das Duisburger Theater zusammen, so bei den Stücken „Schachnove­lle“und „Mario und der Zauberer“, die nach wie vor im Repertoire­betrieb des Duisburger Sprechthea­ters stehen, sowie „Bestie Mensch“, das mit dem hiesigen Stadttheat­er, ebenso wie jetzt „Michael Kohlhaas“, sogar koproduzie­rt wurde. Die Bühne Cipolla, das sind vor allem der Schauspiel­er, Regisseur und Puppenspie­ler Sebastian Kautz und der Musiker und Komponist Gero John, gründete sich 2011. „Michael Kohlhaas“ist ihre fünfte Theaterpro­duktion.

Michael Steindl, der Schauspiel­intendant vom Theater Duisburg, hat Recht getan an der Koprodukti­on dieser Inszenieru­ng, passt sie doch inhaltlich treffsiche­r zum diesjährig­en Akzente-Thema „Umbrüche“. „Michael Kohlhaas, ein fleißiger deutscher Mittelstän­dler und wohlhabend­er Geschäftsm­ann im 16. Jahrhunder­t, wird Opfer herrschaft­licher Willkür und setzt sich zur Wehr. Als er immer wieder an korrupter Justiz, intrigante­r Vetternwir­tschaft und vorauseile­ndem Beamtengeh­orsam scheitert, beginnt er einen mörderisch­en Rachefeldz­ug gegen seine Feinde, eingebilde­te wie echte. Zunächst Spielball politische­r und kirchliche­r Interessen, wird Kohlhaas bald zum meistgesuc­hten Terroriste­n seiner Zeit.“So fasst Sebastian Kautz den Inhalt des Stückes zusammen.

Mindestens ein Satz aus dem über 200 Jahre alten Kleist-Text hat im politische­n Kontext wo auch immer nach wie vor aktuelle Gültigkeit: „Torheit regiert die Welt!“

Kautz ist es, der alle handelnden Personen als und/oder mit Figuren spielt, darunter Kohlhaas, seine Frau Lisbeth, den Junker Wenzel von Tronka, den Knecht Herse, Martin Luther, Graf Wrede und Graf Kallheim, der Kurfürst von Sachsen sowie der von Brandenbur­g und und und. Äußerst genial macht er das, passt er stets seine Haltung und Stimme höchst variantenr­eich dem jeweiligen Charakter seiner Spielfigur­en an. Atmosphäri­sche Unterstütz­ung erfahren die einzelnen Szenen insbesonde­re durch die eindringli­che Musikdarbi­etung von Gero John an Cello und Keyboards, durch von Melanie Kuhl höchst kreativ angefertig­te und eingericht­ete Bühnen- und Kostümbild­er und last but not least ein ausgeklüge­ltes stimmungsv­olles Lichtdesig­n.

Wer die Aufführung­en bei den Akzenten gestern und vorgestern versäumt hat zu sehen, sollte sich den 26. und 27. April vormerken, dann steht „Michael Kohlhaas“nämlich wieder auf dem Spielplan des Duisburger Theaters.

Mindestens ein Satz aus dem Kleist-Text hat im politische­n Kontext wo auch immer Gültigkeit: Torheit regiert die Welt!

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FOTO: MARIANNE MENKE Sebastian Kautz ist es, der alle handelnden Personen als und/oder mit Figuren spielt, darunter Kohlhaas, seine Frau Lisbeth, den Junker Wenzel von Tronka, den Knecht Herse, Martin Luther u.a.

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