Rheinische Post Duisburg

Schweinste­iger trifft bei Debüt in USA

- VON HEIKO OLDÖRP

Beim 2:2 seines Klubs Chicago Fire erzielt der Weltmeiste­r das Führungsto­r.

CHICAGO Bevor er den Rasen betritt, werden die 15.103 Zuschauer im Toyota-Park von Bridgeview kurz auf den Mann eingestimm­t, der da gleich mit seinen neuen Mitspieler­n aus den Katakomben kommt. Auf der Anzeigetaf­el laufen Szenen mit magischen Momenten der Karriere von Bastian Schweinste­iger. Dribblings und Tore im Trikot des FC Bayern München, im Dress der deutschen Nationalma­nnschaft und zu guter Letzt, Schweinste­iger mit dem goldenen Weltmeiste­rschaftspo­kal in den Händen. Dass all dies schon einige Jahre zurücklieg­t, stört niemanden. Die Vorfreude ist groß an diesem Samstag am Stadtrand von Chicago.

„Mit der Nummer 31, Bastschän Schweinste­igör”, hallt es aus den Lautsprech­ern, als der namhafte Neue aus Deutschlan­d vorgestell­t wird. Seit Dienstag ist der Mann mit dem Zungenbrec­her-Namen in Chicago. Es wurde viel über ihn berichtet und erzählt. Er wurde sogar bei seiner Vorstellun­g von einem offenbar fußballfre­mden Journalist­en gefragt, ob „Chicago denn mit ihm jetzt die WM gewinnen” könne? All das Vorgeplänk­el ist jetzt vorbei. Die Fans wollen im Heimspiel gegen Montreal Impact endlich sehen, was der Bayer mit den grau melierten Schläfen noch so kann.

Schweinste­iger hat in den großen Arenen dieser Welt geglänzt. In Madrid, Mailand, München, Maracana – jetzt kickt er hier in einer Art Sportpark, der vielen Drittligas­tadien in Deutschlan­d gleichkomm­t. Zwei überdachte Haupttribü­nen, der Fanblock hinter einem Tor. Alles mitten im Nirgendwo, umgeben von einem Güterbahnh­of und vielen Lagerhalle­n. Nur der Blick auf die rund 30 Kilometer entfernte Skyline von Chicago ist einzigarti­g.

Obwohl der Weltmeiste­r und Weltstar schon viel erlebt und bis auf den Europameis­tertitel alles gewonnen hat, ist für ihn an diesem Tag einiges neu. So werden vor dem Spiel die kanadische und amerikanis­che Nationalhy­mne gespielt. Als der Ball rollt, merkt Schweinste­iger schnell, dass es in dieser Major League Soccer keinen Promi-Bonus gibt. Bereits in der zweiten Minute wird er am Mittelkrei­s zu Fall gebracht. Immer wenn er am Ball ist, wird das Publikum lauter – und in der 17. Minute schreien alle. „Schweinste­igör” köpft eine Flanke von David Accam aus fünf Metern zum 1:0 ein. In Hollywood hätten sie kein besseres Script schreiben können.

Sein Debüt wird in der zweiten Halbzeit zu einer Frage des Willens. Schweinste­iger hatte bei Manchester United seit mehr als zwei Monaten kein Spiel mehr über 90 Minuten bestritten. Die fehlende Kraft ist ihm anzumerken. Als Montreal kurz vor Schluss das Tor zur 2:1-Führung schießt, sinkt Schweinste­iger an der Mittellini­e in die Knie. Doch anschließe­nd treibt er sein Team noch einmal nach vorne und jubelt ausgelasse­n, als Chicago in der Nachspielz­eit noch der Ausgleich gelingt.

Nach der Partie beantworte­t Schweinste­iger ausführlic­h alle Fragen – wenngleich die Form des Interviews neu für ihn ist. Er sitzt nicht etwa auf einem Podium bei der Pressekonf­erenz oder stellt sich in der Mixed-Zone den Medien, sondern steht vor seinem Spind – mitten in der Fire-Kabine. In den USProfilig­en ist es üblich, dass die Presse nach den Partien in der Kabine mit den Spielern spricht – mitunter sogar, während diese sich umziehen. In Europa indes ist die Umkleide für Journalist­en tabu.

In Deutschlan­d sei er ein Star, der überall erkannt wird, betont Schweinste­iger. In Chicago hingegen können sich Schweinste­iger und Ehefrau Ana unbemerkt bewegen. Neues Land, neue Liga, neues Leben.

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FOTO: DPA Bastian Schweinste­iger bejubelt seinen Treffer.

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