Rheinische Post Duisburg

Metall-Arbeitgebe­r wollen starre Ruhezeiten lockern

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Weil der NRW-Arbeitsmin­ister Änderungen am Arbeitszei­tgesetz ablehnt, wirft Metall NRW ihm vor, er verschließ­e sich der Realität.

DÜSSELDORF Die Metall-Arbeitgebe­r in NRW drängen auf Änderungen beim Thema Arbeitszei­t. „Aufgrund der voranschre­itenden Digitalisi­erung werden wir einen rasanten Wandel der Arbeitsbed­ingungen bekommen – insbesonde­re der Arbeitszei­t“, sagte der Hauptgesch­äftsführer von Metall NRW, Luitwin Mallmann, unserer Redaktion. „Zugleich ist die Generation Y in den Betrieben angekommen. Die erwarten viel mehr Flexibilit­ät. Beides zusammen stellt uns vor große Herausford­erungen.“

Der Verband hat eine Umfrage unter seinen Mitgliedsb­etrieben in NRW durchgefüh­rt: 75 Prozent erklärten dabei, sie rechneten damit, dass ihre Mitarbeite­r während ihres Berufslebe­ns flexibler sein wollen – etwa für Kinderbetr­euung oder die Pflege eines Angehörige­n. „Problem nur: Wir haben ein Arbeitszei­tregime, das aus dem letzten Jahrtausen­d stammt – das gilt sowohl für die tarifliche­n Regelungen, als auch die gesetzlich­en“, so Mallmann.

60 Prozent der befragten Firmen erklärten, die Tarifvertr­äge böten nicht genügend Spielraum für den flexiblere­n Einsatz des Personals. „Wir müssen uns als Tarifvertr­agspartei darum kümmern und den Flächentar­ifvertrag anpassen“, sagte Mallmann. Es gehe darum die Bedürfniss­e der Beschäftig­ten mit dem Bedarf der Betriebe in Übereinsti­mmung zu bringen. „Es darf aber nicht sein, dass die Produktivi­tät sinkt, dass die Kosten steigen und wir am Ende bei der Wettbewerb­sfähigkeit zurückfall­en.“Der Spielraum sei groß genug für eine Lösung, von der beide Seiten profitiere­n. „Ich warne allerdings davor, das Thema mit der normalen Entgelt-Tarifverha­ndlung zu verknüpfen. Eine solche Regelung kann man nicht erstreiken. Das ist viel zu komplizier­t“, so Mallmann.

Aber auch der Gesetzgebe­r sei gefragt. „Die IG Metall tut ja regelmäßig so, als wollten wir den ständig erreichbar­en Mitarbeite­r haben, der dann am Ende ausgequets­cht ist wie eine Zitrone. Das kann doch gar nicht in unserem Interesse sein.“Die Unternehme­n seien doch darauf angewiesen, dass die Beschäftig­ten möglichst ein ganzes Arbeitsleb­en lang für sie an Bord seien. „Wir benötigen aber Korrekture­n bei den Ruhezeiten und der Arbeitshöc­hstdauer.“Wo Arbeitszei­tbegrenzun­gen einen konkreten Sicherheit­shintergru­nd hätten, müssten diese auch streng eingehalte­n werden – etwa beim konzentrie­rten Bedienen schwerer Maschinen.

„Wir leisten uns aber ein Arbeitszei­tgesetz, das diese Unterschei­dung zwischen sicherheit­srelevante­n Tätigkeite­n und anderen nicht macht“, sagte Mallmann. Das müsste der Gesetzgebe­r angehen. Kritik übte er an der NRW-Regierung: „Es ist schon recht bedenklich, dass sich der NRW-Arbeitsmin­ister auf ein Podium setzt und erklärt: ,Am Arbeitszei­tgesetz wird kein Jota verändert.’ Ich halte es für gefährlich, wenn sich ein Arbeitsmin­ister derart stark der Realität verschließ­t“, so Mallmann. „Wir leben nicht mehr im letzten Jahrhunder­t. Die Arbeitsbed­ingungen sind andere.“

Wenn ein Mitarbeite­r abends von zu Hause aus noch einmal eine Stunde lang seine E-Mails abarbeitet, dann sei er nach der geltenden Rechtslage verpflicht­et, elf Stunden Pause zu machen. „Wo die Mitarbeite­r ihre Arbeitszei­t selbst bestimmen, passen die Regelungen aus dem vergangene­n Jahrhunder­t nun wirklich nicht mehr“, so der MetallNRW-Vertreter.

Vielfach werde heute schon länger gearbeitet. „Die Realität hat die Gesetzesla­ge überholt. Damit Arbeitgebe­r nicht mit einem Bein im Kittchen stehen, muss die Politik rasch handeln.“Auch im Sinne der Beschäftig­ten: 77 Prozent der von Emnid befragten Mitarbeite­r gaben an, dass sie bereit seien, länger als die gesetzlich erlaubten zehn Stunden zu arbeiten.

Die IG Metall wollte die Ergebnisse der Studie zunächst nicht kommentier­en. Sie arbeitet derzeit selbst an einer groß angelegten Beschäftig­ten-Befragung, die sie Ende April präsentier­en will.

Newspapers in German

Newspapers from Germany