König des Kopfsteinpflasters
Der Belgier Greg van Avermaet gewinnt den Rad-Klassiker Paris-Roubaix. Zwei Deutsche kommen unter die besten zehn.
ROUBAIX (dpa) John Degenkolb kämpfte mit dreckverschmiertem Gesicht vergeblich um den Anschluss, und Weltmeister Peter Sagan wurde von mehreren Defekten demoralisiert: Stattdessen nutzte Olympiasieger Greg van Avermaet die Gunst der Stunde und triumphierte erstmals beim Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix. Der Belgier setzte sich in der „Hölle des Nordens“nach 257 Kilometern, davon 55 über das gefürchtete Kopfsteinpflaster, vor dem Tschechen Zdenek Stybar und dem Niederländer Sebastian Langeveld durch. Der deutsche Meister André Greipel fuhr überraschend auf Rang sieben.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich ein solches Rennen gewinnen kann. Ich bin überglücklich“, waren van Avermaets erste Worte nach seinem Triumph. Degenkolb war fix und fertig. „Am Ende fehlte mir einfach die Kraft in den Beinen. Wir mussten immer wieder reagieren. Trotzdem bin ich stolz, wie wir als Mannschaft das Rennen gefahren sind“, sagte er. Degenkolb, der Sieger von 2015, erreichte zwölf Sekunden hinter van Avermaet als Zehnter das Velodrome von Roubaix.
An der Seite der beiden Deutschen erreichte auch der belgische Rekordsieger Tom Boonen das Ziel, der auf der Betonpiste von Roubaix seine beeindruckende Profikarriere beendete. Ein fünfter Pflasterstein als Siegerpokal war dem Belgier nicht vergönnt. Stattdessen jubelte van Avermaet. Die Entscheidung fiel im Velodrom im Sprint einer Fünfergruppe, dabei bewies der Belgier das größte Stehvermögen.
Für Degenkolb war das Rennen gut 30 Kilometer vor dem Ziel auf der Kopfsteinpflaster-Passage Mons-en-Pévèle gelaufen. Der 28Jährige hatte die entscheidende Gruppe verpasst. Ganz im Gegensatz zu Sagan, der sich in herausragender Form präsentierte. Der Kapitän vom deutschen Bora-hansgrohe-Team wurde aber kurz darauf vom Pech eingeholt. Ein Platten am Hinterrad zerstörte seinen Traum vom ersten Sieg bei der Kopfsteinpflaster-Tortur.
Einen starken Eindruck hinterließ bei sommerlichen Temperaturen von 22 Grad lange Zeit auch Tony Martin, der mehrmals das Feld mit hohem Tempo in die Kopfsteinpflaster-Sektoren führte. Die Stars Sagan, Boonen und Co. reihten sich meist am Hinterrad des ZeitfahrWeltmeisters ein. Martin hatte seinen Anteil daran, dass das Feld in diesem Jahr mit hohem Tempo durch die teils tristen Rübenäcker fegte.
Degenkolb hielt sich in dieser Phase zurück. Bloß keine Kräfte vergeuden für die entscheidende Phase des Rennens, war da seine Maxime. Für den 28-Jährigen war es ein „besonderes Erlebnis“zu seinem Lieblingsrennen zurückzukehren, nachdem er im vergangenen Jahr wegen des schlimmen Trainingsunfalls seinen Titel nicht hatte verteidigen können.
Wie üblich bei dem Kopfsteinpflaster-Klassiker beeinträchtigen auch diesmal Stürze und technische Defekte das Renngeschehen. So musste Niki Terpstra, der Sieger von 2014, nach einem Sturz bereits frühzeitig aussteigen. Auch van Avermaet ging gut 100 Kilometer vor dem Ziel zu Boden.
Vor dem Start auf dem Schlossplatz in Compiegne gehörte indes die ganze Aufmerksamkeit Boonen, der letztmals ein Profirennen in Angriff nahm und von den Zuschauern gefeiert wurde. Auch die Fahrer zollten dem belgischen Klassikerspezialisten Respekt. „Er war mein Lieblingsfahrer, als ich mit 16 Jahren vor dem Fernseher saß“, sagte Sagan.