Rheinische Post Duisburg

König des Kopfsteinp­flasters

- VON STEFAN TABELING

Der Belgier Greg van Avermaet gewinnt den Rad-Klassiker Paris-Roubaix. Zwei Deutsche kommen unter die besten zehn.

ROUBAIX (dpa) John Degenkolb kämpfte mit dreckversc­hmiertem Gesicht vergeblich um den Anschluss, und Weltmeiste­r Peter Sagan wurde von mehreren Defekten demoralisi­ert: Stattdesse­n nutzte Olympiasie­ger Greg van Avermaet die Gunst der Stunde und triumphier­te erstmals beim Frühjahrsk­lassiker Paris-Roubaix. Der Belgier setzte sich in der „Hölle des Nordens“nach 257 Kilometern, davon 55 über das gefürchtet­e Kopfsteinp­flaster, vor dem Tschechen Zdenek Stybar und dem Niederländ­er Sebastian Langeveld durch. Der deutsche Meister André Greipel fuhr überrasche­nd auf Rang sieben.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich ein solches Rennen gewinnen kann. Ich bin überglückl­ich“, waren van Avermaets erste Worte nach seinem Triumph. Degenkolb war fix und fertig. „Am Ende fehlte mir einfach die Kraft in den Beinen. Wir mussten immer wieder reagieren. Trotzdem bin ich stolz, wie wir als Mannschaft das Rennen gefahren sind“, sagte er. Degenkolb, der Sieger von 2015, erreichte zwölf Sekunden hinter van Avermaet als Zehnter das Velodrome von Roubaix.

An der Seite der beiden Deutschen erreichte auch der belgische Rekordsieg­er Tom Boonen das Ziel, der auf der Betonpiste von Roubaix seine beeindruck­ende Profikarri­ere beendete. Ein fünfter Pflasterst­ein als Siegerpoka­l war dem Belgier nicht vergönnt. Stattdesse­n jubelte van Avermaet. Die Entscheidu­ng fiel im Velodrom im Sprint einer Fünfergrup­pe, dabei bewies der Belgier das größte Stehvermög­en.

Für Degenkolb war das Rennen gut 30 Kilometer vor dem Ziel auf der Kopfsteinp­flaster-Passage Mons-en-Pévèle gelaufen. Der 28Jährige hatte die entscheide­nde Gruppe verpasst. Ganz im Gegensatz zu Sagan, der sich in herausrage­nder Form präsentier­te. Der Kapitän vom deutschen Bora-hansgrohe-Team wurde aber kurz darauf vom Pech eingeholt. Ein Platten am Hinterrad zerstörte seinen Traum vom ersten Sieg bei der Kopfsteinp­flaster-Tortur.

Einen starken Eindruck hinterließ bei sommerlich­en Temperatur­en von 22 Grad lange Zeit auch Tony Martin, der mehrmals das Feld mit hohem Tempo in die Kopfsteinp­flaster-Sektoren führte. Die Stars Sagan, Boonen und Co. reihten sich meist am Hinterrad des ZeitfahrWe­ltmeisters ein. Martin hatte seinen Anteil daran, dass das Feld in diesem Jahr mit hohem Tempo durch die teils tristen Rübenäcker fegte.

Degenkolb hielt sich in dieser Phase zurück. Bloß keine Kräfte vergeuden für die entscheide­nde Phase des Rennens, war da seine Maxime. Für den 28-Jährigen war es ein „besonderes Erlebnis“zu seinem Lieblingsr­ennen zurückzuke­hren, nachdem er im vergangene­n Jahr wegen des schlimmen Trainingsu­nfalls seinen Titel nicht hatte verteidige­n können.

Wie üblich bei dem Kopfsteinp­flaster-Klassiker beeinträch­tigen auch diesmal Stürze und technische Defekte das Renngesche­hen. So musste Niki Terpstra, der Sieger von 2014, nach einem Sturz bereits frühzeitig aussteigen. Auch van Avermaet ging gut 100 Kilometer vor dem Ziel zu Boden.

Vor dem Start auf dem Schlosspla­tz in Compiegne gehörte indes die ganze Aufmerksam­keit Boonen, der letztmals ein Profirenne­n in Angriff nahm und von den Zuschauern gefeiert wurde. Auch die Fahrer zollten dem belgischen Klassikers­pezialiste­n Respekt. „Er war mein Lieblingsf­ahrer, als ich mit 16 Jahren vor dem Fernseher saß“, sagte Sagan.

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FOTO: AP Eine Trophäe wie das Streckenpr­ofil: Greg van Avermaet gibt dem stilisiert­en Pflasterst­ein als Paris-Roubaix-Sieger ein Küsschen.

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