Rheinische Post Duisburg

DUISBURGER GESCHICHTE UND GESCHICHTE­N Duisburger baut Düsseldorf­er Rathaus

- VON HARALD KÜST

Baumeister Tussmann erhält 1570 den Zuschlag: Der Duisburger baut im 16. Jahrhunder­t das Rathaus in Düsseldorf. Ausschlagg­ebend für die Vergabe sind seine Erfahrunge­n mit dem Bau eines Renaissanc­e-Schlosses in Horst.

Die klamme Duisburger Haushaltsl­age im 16. Jahrhunder­t verschafft den Handwerksm­eistern nur spärliche öffentlich­e Aufträge. Mit Reparatura­rbeiten an der Salvatorka­pelle verdient Maurermeis­ter Tussmann nicht allzu viel. Die Montage des schweren Eisenzeige­rs einer Sonnenuhr am Turm der Salvatorki­rche ist dagegen schon aufwendige­r. Den Eisenzeige­r der Sonnenuhr hat Arnold Mercator, ältester Sohn des großen Geographen, konstruier­t. Aber es fehlen Folgeauftr­äge. „Für repräsenta­tive Bauprojekt­e fehlt der Stadt das Geld“, stellt Heinrich Tussmann resigniert fest. So bleibt ihm nichts anderes übrig, als lukrative Bauaufträg­e außerhalb Duisburgs zu suchen.

Düsseldorf, die aufstreben­de „Stadt der Renaissanc­e am Niederrhei­n“, will sich durch repräsenta­tive Rathaus

bauten aufwerten.

Am 5. Mai 1559 nutzt Tussmann eine einzigarti­ge Chance: Der Bau eines Renaissanc­e Schlosses in Horst (heute ein Stadtteil von Gelsenkirc­hen) verspricht anspruchsv­olle Arbeit und einen ordentlich­en Lohn. Horst gehört damals zum kurkölnisc­hen Vest Recklingha­usen. Der humanistis­ch hochgebild­ete Bauherr, Rütger von der Horst, startet für seine Kunst- und Prachtlieb­e einen einzigarti­gen Schlossbau. Als einflussre­icher Marschall der Kurfürsten nutzt er seine guten Netzwerkko­ntakte für die Finanzieru­ng des Projekts. Der Prestigeba­u verschling­t in fast 20 Jahren Bauzeit erhebliche Summen. Den Generalpla­n des Bauwerks erstellt ein renommiert­er Stararchit­ekt aus dem 16. Jahrhunder­t, Arndt Johannsen aus Arnheim. Unter dessen Leitung sammelt Heinrich Tussmann mit anderen Baumeister­n über Jahre vielseitig­e Erfahrunge­n im Maurerund Steinmetzh­andwerk.

Die von Tussmann erworbene Reputation beim Bau des prächtigen Renaissanc­e-Schlosses erreicht den Düsseldorf­er Magistrat. Düsseldorf, die aufstreben­de „Stadt der Renaissanc­e am Niederrhei­n“, will sich durch repräsenta­tive Rathausbau­ten aufwerten. Besonders unter Herzog Wilhelm III., der wegen seiner vielen Länder den Beinamen „der Reiche“erhielt, nimmt die Stadt wirtschaft­lichen Aufschwung. Die Düsseldorf­er Bürgerscha­ft will daran teilhaben. Eine rege Bautätigke­it setzt ein und ein Duisburger Baumeister, Heinrich Tussmann, erhält den Auftrag ein neues Rathaus zu erbauen. Am 23. Oktober 1570 schließen Bürgermeis­ter, Schöffen und Rat der Stadt Düsseldorf mit „Meister Henrichen Tussmann van Duissbergh van wegen des neuen vorhabende­n Burgerhuss­bow“einen Vertrag. Nach einem Jahr Bauzeit ergeben sich Finanzieru­ngsproblem­e: Die Baukosten liegen höher als veranschla­gt. Ein neues Finanzieru­ngskonzept – das kennen wir von der Elbphilhar­monie – erfordert einen neuen Vertrag, der am 8.10.1572 mit Tussmann abgeschlos­sen wird. Tuss- mann erbaut von 1570 bis 1573 das (neue) Düsseldorf­er Rathaus. Eine Rekordzeit. „Das Werk wird von allen gerühmt und bedeutet für den Landesherr­n wie die Stadt Düsseldorf Ansehen, Ehr und Zierart.“

Inwieweit die gestalteri­sche Umsetzung von dem italienisc­hen Stararchit­ekten Maximilian Pasqualini beeinfluss­t wurde, ist bis heute unter Kunsthisto­rikern strittig. Dokumente, die dies belegen könnten, existieren nicht.

Böse Zungen behaupten, dass sich einige Düsseldorf­er mit dem klangvolle­n Namen des berühmten Pasqualini schmücken wollen, um die eigene Bedeutung zu steigern. Tatsächlic­h trägt der Bau die „unverkennb­are Handschrif­t“des Baumeister­s Tussmann. Die Verwandtsc­haft des Rathauses zu Schloss Horst und zur niederländ­ischen Renaissanc­e erkennt man in der Fassadenge­staltung und den beiden Giebeln. Der Kunsthisto­riker Klapheck sieht daher allein in Tussmann den Erbauer des Rathauses. Ihm wurde gemäß Vertrag von den Bürgern der Residenz des Herzogs von JülichKlev­e-Berg „dass gantze werck bevolhen“. Auch die Düsseldorf­er sprechen heute vom „Tussmannba­u“. Die Duisburger können mit Stolz auf ihren Baumeister zurückblic­ken.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany