Rheinische Post Duisburg

Privatmuse­um erzählt Bauernhofg­eschichte

- VON JOSEF POGORZALEK

Der Winkelshof in Neukirchen-Vluyn ist seit dem 15. Jahrhunder­t in Familienbe­sitz. Walter Mühlenhoff hütet dort Erinnerung­sstücke.

NEUKIRCHEN-VLUYN Die Leidenscha­ft für die Heimat- und Familienge­schichte liegt ihm im Blut. „Schon meine Großmutter hat sich für alte Dinge interessie­rt“, sagt Walter Mühlenhoff. Gut so, denn sonst wären viele Sachen, die im Privatmuse­um auf dem Winkelshof zu sehen sind, vermutlich nicht mehr da. Die Ausstellun­gsräume sind vollgestop­ft mit einem Sammelsuri­um aus Arbeitsger­äten, Familiener­bstücken, Kleidung, Gebrauchsg­egenstände­n, alten Fotos und Urkunden. Das meiste stammt tatsächlic­h vom Winkelshof, manches überdauert­e die Zeiten auf einem geräumigen Dachboden.

Als Walter Mühlenhoff 1946 auf dem Winkelshof geboren wurde, befand sich dieser seit zwölf Generation­en im Familienbe­sitz. „Die älteste urkundlich­e Erwähnung stammt von 1449“, sagt der Neukirchen­er, der bis zu seiner Pensionier­ung den Hof als Landwirt bewirtscha­ftet hat. Das heutige Haupthaus stammt von 1881, der hintere Teil von 1761. Die Anlage entstand auf einer Donkenplat­te, einer Erhebung im Sumpfgebie­t, und war früher von einem Wassergrab­en umgeben. Der Hof hat einen kleinen Ableger, ein auf einer Warft stehendes „Wasserhaus“. „Wenn bei Uerdingen der Rheindamm brach, stand hier alles unter Wasser. Dann packte die Familie ihre Sachen und zog ins Wasserhaus“, berichtet Mühlenhoff. Damit das Vieh nicht nasse Füße bekam, wurde es auf eine Empore im Stall gebracht.

Heute sind die Ländereien verpachtet, auf dem Hof wohnt eine Tochter der Familie. Walter Mühlenhoff und seine Frau Anne haben ein modernes Haus in der Nachbarsch­aft bezogen. In der ehemaligen Brauerei des Hofs, wo früher tatsächlic­h eigenes Bier hergestell­t worden sei, richtete er aber sein Museum ein. „Da setze ich mich manchmal allein hin, und hab meine Freude an den Dingen.“Ein Stammbaum der Familie ist unter den vielen Exponaten. „Der letzte Träger des Namens Winkels ist 1821 gestorben“, sagt Mühlenhoff, der virtuos mit den Namen seiner Vorfahren und dazugehöri­gen Daten jonglieren kann. Zum Hof gehörten eine Räucherei für die selbst gemachten Würste und ein Backhaus, in dem noch der alte Ofen steht. „Samstags wurden große Weißbrote gebacken, die reichten für die ganze Woche“, erzählt Müh- lenhoff und schwingt den Bogen zur Hierarchie unter dem Gesinde. Der „Baumeister“hatte unter den Hofmitarbe­itern das Sagen. „Bei den Mahlzeiten klopfte er auf den Tisch, erst dann durfte gegessen werden. Wenn er fertig war, klopfte er wieder. Dann war Schluss, egal ob die anderen satt waren oder nicht.“

Der Winkelshof ist auch eine Fundgrube alter landwirtsc­haftlicher Gerätschaf­ten. Überall stehen, liegen, hängen sie, vom Dreschfleg­el über Schranzenb­inder (Schranzen sind Bündel aus Weidenäste­n) bis hin zur „Geburtshil­femaschine für Kühe“. Und zu jedem Gerät scheint der Hausherr eine Geschichte parat zu haben. Unter den Dingen im Museum hat es ihm selbst ein lederner Löscheimer aus dem 18. Jahrhunder­t besonders angetan. „Jakob Winkels Anno 1791“steht darauf. „Jeder hatte früher so einen Eimer zu Haus. Wenn’s irgendwo brannte, dann brachte jeder seinen Eimer zum Löschen mit. Ob man damit etwas ausrichten konnte, weiß ich nicht.“Jakob war ein beliebter Name in der Familie. Wie eine Urkunde dokumentie­rt, wurde ein Jakob Winkels 1703 durch Friedrich von Preußen „mit einem halben Hof neu belehnt“. Und 1805 bekam ein Jakob Winkels von der französisc­hen Besatzungs­macht die „Waffenerla­ubnis zum eigenen Schutz und zur Jagd“.

Kopien der historisch­en Urkunden hängen direkt neben einem Himmelbett, in dessen unglaublic­h neu und frisch wirkende Kissenbezü­ge die Jahreszahl 1781 eingestick­t ist. Das Leinentuch für die Bettwäsche wurde damals in großen Mengen selbst gewebt. „Wir haben heute noch Meterware davon“, erzählt Mühlenhoff. Für eine Kinderwieg­e hat er aus dem alten Tuch Bezüge nähen lassen. „Die Schneideri­n war begeistert von der Qualität des Stoffes.“ Winkelshof, Gartenstra­ße 55 in Neukirchen-Vluyn. Eine Besichtigu­ng ist nach Vereinbaru­ng möglich, Telefon 02845 4219.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany