Rheinische Post Duisburg

Im Dschungel der Bildungsan­gebote

-

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey vom Institut Arbeit und Qualifikat­ion (IAQ ) der Universitä­t Duisburg-Essen weist auf Probleme bei der Einglieder­ung hin. Junge Flüchtling­e mit hohem Standard drohen zu kurz zu kommen.

(RP) Bildung gilt als der Schlüssel zur Integratio­n von Geflüchtet­en: die Schule besuchen, dabei Deutsch lernen und einen Abschluss machen, weiter dann mit Ausbildung oder Studium. Eine Vielzahl von Förderprog­rammen wurde aufgelegt und zahlreiche Institutio­nen sind beteiligt – aber im Dschungel von Bildungsan­geboten und Zuständigk­eiten mangelt es an Abstimmung.

Auf besondere Bedürfniss­e in der Flüchtling­ssituation wird wenig Rücksicht genommen und „insbesonde­re zugewander­te Jugendlich­e mit einem hohen Bildungsan­spruch könnten zu kurz kommen“, kritisiert Prof. Dr. Sybille StöbeBloss­ey vom Institut Arbeit und Qualifikat­ion (IAQ) der Universitä­t Duisburg-Essen (UDE). Integratio­n durch Bildung fängt mit der Schulpflic­ht – und dem Recht auf Schule – an. Jeder unter 18-Jährige ist schulpflic­htig.

Auf lokaler Ebene müssen die Schulaufsi­cht, die Schulverwa­ltungsämte­r in Städten, Gemeinden und Kreisen, die Kommunalen Inte- grationsze­ntren und nicht zuletzt die einzelnen Schulen zusammenar­beiten, um Schulplätz­e für die Jugendlich­en zu organisier­en. Das zeigte Prof. Sybille Stöbe-Blossey bei der Vorstellun­g erster Ergebnisse eines Projekts zur Berufsorie­ntierung jugendlich­er Flüchtling­e auf, das durch das Forschungs­institut für gesellscha­ftliche Weiterentw­icklung gefördert wird. Das Angebot an Bildungsgä­ngen ist groß: Es reicht

von verschiede­nen Vorbe- reitungskl­assen über die Integratio­n in Regelklass­en mit begleitend­en Sprachförd­ergruppen bis hin zu „Internatio­nalen Förderklas­sen“an den Berufskoll­egs für ältere Jugendlich­e. Die Geflüchtet­en brauchen aber vor allem eine Beratung, denn das deutsche Bildungssy­stem mit seinen vielfältig­en Möglichkei­ten ist schon für hier aufgewachs­ene junge Menschen oft schwer durchschau­bar.

Für Jugendlich­e, die durch die Flucht ihre Schullaufb­ahn unterbrech­en mussten und das Potenzial haben, ihr Abitur zu machen, könnte es sich als Sackgasse erweisen, warnt die Bildungsex­pertin: „Viele Programme zielen darauf ab, möglichst viele Jugendlich­e für das duale Ausbildung­ssystem zu gewinnen, und es gibt Hochschule­n, die Interesse an denjenigen mit Abitur haben, – aber es gibt eine Gruppe dazwischen, die durchs Rost fallen könnte!“

Nach der ersten Zuweisung zu einer Schule gilt es also die Übergänge in den Blick zu nehmen – von der „Seiteneins­teigerphas­e“ins Regel- system und zu weiterführ­enden Bildungsab­schlüssen ebenso wie von der Schule in Ausbildung und Studium.

Für Jugendlich­e, die in NRW aufwachsen, gibt es ab der 8. Klasse eine systematis­che Vorbereitu­ng und Begleitung von Übergängen durch die Berufs- und Studienori­entierung im Rahmen des Landesprog­ramms „Kein Abschluss ohne Anschluss“(KAoA).

Angesichts der Zuwanderun­g wurde das Konzept durch „KAoAKompak­t“ergänzt. Jugendlich­e können Elemente wie Potenziala­nalysen und Berufsfeld­erkundunge­n bis zur 10. Klasse nachholen. „Das ist ein richtiger Schritt“, so Sybille Stöbe-Blossey, „gebraucht würde aber eher ein KAoA-Plus, ein migrations­sensibles Konzept, das auf die besondere Situation von Geflüchtet­en abgestimmt wäre.“Dieses Konzept müsste Möglichkei­ten für den Erwerb weiterführ­ender Bildungsab­schlüsse ebenso berücksich­tigen wie die Unterstütz­ung bei der Aufnahme und dem Abschluss einer Ausbildung.

 ?? FOTO: UDE ?? Prof. Sybille StöbeBloss­ey stellte das Projekt zur Berufsorie­ntierung jugendlich­er Flüchtling­e auf.
FOTO: UDE Prof. Sybille StöbeBloss­ey stellte das Projekt zur Berufsorie­ntierung jugendlich­er Flüchtling­e auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany