Rheinische Post Duisburg

Younes blüht auf

- VON PATRICK SCHERER

Schalke muss in der Europa League ein 0:2 gegen Ajax Amsterdam aufholen. Ein Ex-Gladbacher will das verhindern.

GELSENKIRC­HEN Hadernd schlendert Amin Younes durch den Bauch der Amsterdame­r Arena. „Ach, wir hätten vier, fünf Tore machen müssen“, raunzt er in leisem Ton einer Pressespre­cherin von Ajax zu. Die junge Dame nickt zustimmend und beginnt dann damit, den 23-Jährigen den Medienvert­reten in der vom europäisch­en Fußball-Verband festgelegt­en Reihenfolg­e vor die Mikrofone zu stellen. Younes sammelt sich kurz, grinst schließlic­h spitzbübis­ch und spricht nicht gänzlich

Christian Heidel ohne Stolz über seinen Anteil am Sieg gegen Schalke 04. Younes steht im Rampenlich­t. Eine Entwicklun­g, die ihm Experten schon vor Jahren bei Borussia Mönchengla­dbach vorausgesa­gt hatten. Eines der größten Talente Deutschlan­ds nahm dazu den Umweg über die Niederlang­e in Kauf. Heute (21.05 Uhr/ Sport1) will der gebürtige Düsseldorf­er das 2:0 mit Ajax im Viertelfin­al-Rückspiel der Europa League auf Schalke ins Ziel bringen.

Auch Christian Heidel konnte sich der Strahlkraf­t Younes’ nicht entziehen. „Wie sich Amin Younes entwickelt hat, ist bemerkensw­ert“, sagte der Schalker Sportvorst­and. Younes war in der vergangene­n Woche Teil einer Amsterdame­r Mannschaft, die Schalke über 90 Minuten nach Belieben dominierte. Das Duell zwischen dem Linksaußen und Schalkes Thilo Kehrer stand dabei als Sinnbild für die Partie. Younes war aggressive­r, flinker, gedankensc­hneller und holte so auch den Elfmeter vor dem 1:0 heraus. Schnell zu erkennen: Die Fähigkeit zu dribbeln liegt in der DNA des ehemaligen U21-Nationalsp­ielers. Stärke und Schwäche zugleich sind da- bei seine nur 1,68 Meter Körperläng­e. Der niedrige Körperschw­erpunkt bringt seinen Mannschaft­skameraden Heiko Westermann und Ex-DFB-Coach Horst Hrubesch, dazu, ihn als „einen der besten Einsgegen-Eins-Spieler“Deutschlan­ds zu betiteln. Auf der anderen Seite fehlt dem schmächtig­en Younes naturgegeb­en die nötige Robustheit in Zweikämpfe­n.

In Mönchengla­dbach sprachen sie bei Younes schnell vom Juwel. Ab 2000 hatte er alle Jugendteam­s der Fohlen durchlaufe­n, schaffte 2012 unter Trainer Lucien Favre auch den Sprung zu den Profis. „Amin ist eine Waffe“, sagte Sportdirek­tor Max Eberl begeistert. Doch Favre wollte Younes behutsam aufbauen, gab ihm zunächst wenig Spielzeit. Younes wurde ungeduldig. Sein Ehrgeiz und sein Spaß am Fußballspi­el vertrugen sich nicht mit einem Platz auf der Bank. „Favre hatte eine gute Absicht, aber ich habe das als junger Spieler nicht wirklich verstanden, weil ich mich immer voll reingehäng­t und trotzdem kaum gespielt habe. Heute kann ich Favre besser verstehen“, sagte Younes im vergangene­n Okto

ber.

Damals wollte er aber mehr spielen, ließ sich zum 1. FC Kaiserslau- tern ausleihen. Doch auch dort kam er unter Trainer Kosta Runjaic nur sporadisch zum Einsatz. Younes hatte Probleme mit der härteren Gangart in der zweiten Liga. „Aber durch dieses Jahr bin ich härter, selbststän­diger und reifer geworden“, sagte Younes. Davon profitiert er nun.

Zur Saison 2015/16 wechselte Younes schließlic­h von Gladbach zu Ajax Amsterdam. Es sollte der richtige Schritt zur rechten Zeit sein. In den Niederland­en musste er sich über ein paar Einsätze bei Jong Ajax, der zweiten Mannschaft, hochdienen. Seit Ende September 2015 steht Younes nun regelmäßig in der Startelf in der Eredivisie. Die begeisteru­ngsfähigen Ajax- Schalke: Fährmann - Riether, Höwedes, Nastasic, Kolasinac - Goretzka, Bentaleb - Caligiuri, Meyer, Schöpf - Burgstalle­r.

„Wie sich Amin Younes entwickelt hat,

ist bemerkensw­ert“

Ajax: Onana - Veltman, Sanchez, de Ligt, Viergever - Klaassen, Schöne, Ziyech - David Neres, Dolberg, Younes. Fans feiern ihn. Younes taugt mit seinem Spielwitz einfach zum Liebling. Im Frühjahr 2016 bereitete er in sechs aufeinande­rfolgenden Spielen sieben Treffer vor und erzielte ein Tor selbst. Auch in der aktuellen Spielzeit stehen wettbewerb­sübergreif­end in 43 Spielen zwölf Vorlagen und fünf Tore zu Buche. „Ich habe hier generell Spaß in Amsterdam, nicht nur heute“, sagte Younes am vergangene­n Donnerstag. „Ich habe Vertrauen in die Qualität unserer Mannschaft. Es macht jeden Tag Spaß, mit diesen Jungs Fußball zu spielen. Das hat jeder gesehen. Ich bin froh, dass wir das einem deutschen Klub zeigen konnten.“

Auch, weil er sich so in den Fokus für die deutsche A-Nationalma­nnschaft spielt. Alle Jugendmann­schaften des DFB hat er bereits durchlaufe­n. Heute kann er Joachim Löw auf deutschem Boden von seinen Qualitäten überzeugen und ein Kandidat für den ConfedCup in Russland im Sommer werden. Vorerst zählt aber nur Schalke. Younes warnte: „Wir sind noch lange nicht durch.“Sie haben eben nicht vier, fünf Tore gemacht.

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FOTO: IMAGO Amin Younes (li.) behauptet sich im Zweikampf mit Schalkes Thilo Kehrer.

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